Große Bühne für Wasserstoff

Wasserstoff rückt als vielfältig einsetzbarer Energieträger der Zukunft immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Längst ist das farblose Gas zum schillernden Hoffnungsträger der Energiewende geworden, über den es aktuell viel zu berichten gibt.

Große Bühne für Wasserstoff© iStock/smirkdingo

Damit die klimaneutrale Transformation der Wirtschaft gelingt, brauchen wir Alternativen zu fossilen Energieträgern. Die Versorgung mit ausreichenden Mengen an klimafreundlichem Strom und Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Dekarbonisierung der Industrie - neben einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und der Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2. Nur durch einen technologischen Mix kann die Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität also erfolgreich gestaltet werden.

Um Investitionen in diese Technologien auszulösen und die Transformation anzuschieben, sind verlässliche Rahmenbedingungen erforderlich. Dafür braucht es sowohl marktwirtschaftliche Instrumente (insbesondere die CO2-Bepreisung), als auch zielgerichtete Förderinstrumente und eine sinnvolle Regulierung. Das alles zusammen ermöglicht Investitions- und Planungssicherheit, damit neue klimafreundliche Technologien frühzeitig entwickelt und in der Breite eingesetzt werden können.

Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Schaffung eines Wasserstoff-Kernnetzes

Um die Dekarbonisierung in der Industrie zu beschleunigen, braucht Deutschland eine schnelle und kosteneffiziente Wasserstoff-Netzinfrastruktur, die mit dem Wasserstoffmarkt wächst und in den EU-Binnenmarkt eingebunden ist. Am 24. Mai hat das Bundeskabinett mit der beschlossenen Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes Regelungen für eine zeitnahe erstmalige Genehmigung eines Wasserstoff-Kernnetztes durch die Bundesnetzagentur vorgelegt. Bundesminister Habeck sagte dazu: „Unser Ziel ist der zügige Hochlauf des Wasserstoffmarktes, um die Dekarbonisierung insbesondere von Wirtschaftssektoren mit hohen Treibhausgasemissionen weiter voranzutreiben. Mit der Schaffung des Rahmens für die Wasserstoffnetze gehen wir hier einen entscheidenden Schritt.“ Das Wasserstoff-Kernnetz wird in der ersten Stufe wichtige Wasserstoff-Infrastrukturen umfassen, die bis 2032 in Betrieb gehen sollen.

Förderprogramm IPCEI Wasserstoff ermöglicht Hochlauf

Im Rahmen des IPCEI Wasserstoff werden integrierte Projekte entlang der gesamten Wasserstoffwertschöpfungskette von der Erzeugung grünen Wasserstoffs über die notwendige Infrastruktur bis hin zur Nutzung in der Industrie und für die Mobilität gefördert. Das IPCEI Wasserstoff wird gemeinsam vom BMWK, vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und von den Bundesländern finanziert. Insgesamt stehen mehr als zehn Milliarden Euro für die Förderung bereit.

In Deutschland wurden 62 Projekte ausgewählt. Darunter sind Erzeugungsanlagen, die zusammen genommen über zwei Gigawatt Elektrolyseleistung für die Produktion von grünem Wasserstoff umfassen, zudem Wasserstoffleitungen mit einer Länge von rund 1.700 Kilometern. Besonders viele Emissionen können in der CO2-intensiven Stahlindustrie eingespart werden. Mit ArcelorMittal, Stahl Holding Saar, Salzgitter Stahl und Thyssenkrupp Steel wurden alle großen in Deutschland tätigen Stahlerzeuger ausgewählt. Die Projekte sollen mehr als 10 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vor 2030 einsparen.

Förderprogramm für Klimaschutzverträge startet

Das Förderprogramm Klimaschutzverträge des BMWK ist am 6. Juni in das vorbereitende Verfahren gestartet. Klimaschutzverträge sollen klimafreundliche Produktionsprozesse mit Erneuerbaren Energien wie etwa Wasserstoff in den energieintensiven Industriebranchen auf den Weg bringen, zum Beispiel in der Stahl-, Zement-, Papier- oder Glasindustrie. Dafür gleichen Klimaschutzverträge dort die Mehrkosten im Vergleich zu konventionellen Verfahren aus, wo klimafreundliche Produktionsverfahren gegenwärtig noch nicht konkurrenzfähig betrieben werden können.

Vor allem wird aber die dringend notwendige Markttransformation angestoßen: Klimaschutzverträge setzen einen Anreiz, dass die erforderlichen Technologien und Infrastrukturen schon jetzt in Deutschland entwickelt und gebaut werden. Dadurch entstehen etwa Produktionsanlagen und Pipelines für Wasserstoff, Know-how in der Finanzierung, dem Bau und dem Betrieb von klimafreundlichen Anlagen sowie Märkte für klimafreundliche Endprodukte (grüne Leitmärkte). Damit sind Klimaschutzverträge nicht nur ein zentrales Instrument für den Klimaschutz, sondern auch für den Industrie- und Innovationsstandort Deutschland.

Das BMWK beabsichtigt, Klimaschutzverträge im mittleren zweistelligen Milliardenbereich abzuschließen. Der überwiegende Teil des Geldes soll dabei zur Absicherung von unerwarteten Preisschwankungen zur Verfügung stehen. Unternehmen, die gefördert werden wollen, treten zunächst in einen Bieterwettstreit um Klimaschutzverträge. Das beste und günstigste Gebot gewinnt. Auf Basis der Informationen des vorbereitenden Verfahrens soll ein erstes Gebotsverfahren für die Vergabe von Klimaschutzverträgen noch in diesem Jahr stattfinden.

H2Global wird zum europäischen Wasserstoff-Projekt

H2Global, das 2022 mit ersten Ausschreibungen gestartete deutsche Ankaufprogramm für grüne Power-to-X-Produkte, wird zum europäischen Wasserstoff-Projekt und künftig allen EU-Regierungen offenstehen, die Wasserstoffausschreibungen durchführen möchten. EU-Energiekommissarin Kadri Simson und Bundesminister Habeck haben dafür am 1. Juni die Verzahnung der neuen Europäischen Wasserstoffbank (European Hydrogen Bank – EHB) mit dem von Deutschland für den Markthochlauf entwickelten Instrument beschlossen.

Die vereinbarte Zusammenarbeit gilt als großer Schritt zur Sicherung des Wasserstoffbedarfs in Deutschland und Europa und für den globalen Markthochlauf von grünem Wasserstoff. Zudem wird H2Global zusammen mit der Europäischen Wasserstoffbank auch an gemeinsamen europäischen Ausschreibungen arbeiten, um damit einen zusätzlichen Beitrag zu internationalen Wasserstoffimporten in die EU zu leisten.

Deutschland und Norwegen vertiefen Partnerschaftsdialog zur Dekarbonisierung der Industrie

Bereits Anfang Januar hatten Deutschland und Norwegen in Oslo ihre bilaterale Zusammenarbeit auch über klassische Energiethemen hinaus bekräftigt. Dabei geht es vor allem um zukunftsweisende Technologien für die grüne Transformation der Industrie und den dafür benötigten Wasserstoff. Bis 2030 möchten die Partner eine Pipeline realisieren, die eine Versorgung Deutschlands mit Wasserstoff aus Norwegen ermöglichen soll. Dazu trafen am 9. Mai in Berlin der norwegische Minister für Handel und Industrie Jan Christian Vestre und Bundesminister Habeck norwegische Unternehmen, die Wasserstoff-Produktionskapazitäten aufbauen können sowie potenzielle Großabnehmer dafür aus Deutschland.