Gratwanderung zum 1,5 Grad-Ziel

Im Weltenergieausblick (World Energy Outlook) 2022 beschreibt die Internationale Energieagentur (IEA), was die bisherigen Zusagen der Weltgemeinschaft zur Emissionsreduzierung bedeuten.

Weltenergieausblick© BMWK

Wie schon die 2021er Ausgabe zeichnet auch der World Energy Outlook 2022 nur noch einen schmalen Weg, der zum Erreichen der Klimaziele für 2050 bleibt und der inzwischen einer Gratwanderung gleicht. Auch wenn politische Maßnahmen und technische Innovationen Fortschritte bringen, reichen die bisher gemachten Versprechen der Länder bei weitem nicht aus, um die weltweiten CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren und die Erderwärmung so bis 2050 auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, resümiert der World-Energy-Outlook 2022.

Der jährlich erscheinende Bericht und seine wichtigsten Schlussfolgerungen wurden Ende November vom Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur (IEA), Dr. Fatih Birol, auf einer gemeinsamen Veranstaltung des BMWK und des Auswärtigen Amtes in Berlin vorgestellt.

Drei Zukunftsszenarien für bestmögliche Prognosen

Um die bestmöglichen Zukunftsprognosen treffen zu können, untersucht der Bericht die Entwicklungen in drei verschiedenen Szenarien. Das Stated Policies Scenario (STEPS) zeichnet einen Entwicklungspfad auf der Grundlage des aktuellen politischen Handlungsrahmens. Das Announced Pledges Scenario (APS) basiert auf der Annahme, dass alle ambitionierten Zielsetzungen der Regierungen - auch ihre langfristigen Klimaneutralitäts- und Energiesicherheitsziele - vollständig und im gesteckten Zeitrahmen umgesetzt werden. Das Net Zero Emissions by 2050 Scenario (NZE) skizziert einen Weg, um den mittleren globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen und gleichzeitig den Zugang zu modernen Energiequellen bis zum Jahr 2030 weltweit allgemein verfügbar zu machen.

Der 2022er-Bericht macht deutlich, dass dieses Jahrzehnt entscheidend für die Schaffung eines sichereren, nachhaltigeren und bezahlbaren Energiesystemes ist. Wenn sofort und entschieden gehandelt wird, seien deutlich schnellere Fortschritte möglich, heißt es dazu im WEO. Der weltweite Ausbau von sauberer Energie müsse beschleunigt werden, da er nicht nur aus klimapolitischen, sondern auch aus energiesicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Gründen erforderlich ist. Hintergrund ist die globale Energiekrise, die durch die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ausgelöst worden war und auf die der Bericht ausführlich eingeht.

Scheitelpunkt der fossilen Energieerzeugung könnte bald erreicht sein

In der Energiekrise rücken die Regierungen und ihre Gegenmaßnahmen ins Zentrum der Aufmerksamkeit und der einzelnen Szenarien. Viele ergreifen nicht nur kurzfristige Maßnahmen zur Reduzierung von Energieverbrauch und Diversifizierung von Energiequellen. Sie schaffen auch strukturelle Veränderungen im Energiesektor, um die Energiewende massiv zu beschleunigen.

Der internationale Energiehandel wird sich demnach tiefgreifend verändern, weil sich die Länder auf eine permanente Störung der Versorgung Europas mit russischer Energie einstellen. Erstmals zeigt ein WEO-Szenario auf der Grundlage der herrschenden politischen Rahmenbedingungen, dass die weltweite Nachfrage nach den verschiedenen fossilen Energieträgern auf einen Höhepunkt zusteuert oder ein Plateau erreicht.

Neue politische Maßnahmen beschleunigen Entstehung einer klimafreundlichen Wirtschaft

Im STEPS-Szenario etwa helfen neue politische Maßnahmen auf großen Energiemärkten, die jährlichen Investitionen in saubere Energien bis 2030 um fast 50 Prozent auf über zwei Billionen US-Dollar anzuheben. Der Bereich saubere Energie birgt immense Chancen für mehr Wachstum und Arbeitsplätze und wird zu einem wichtigen Feld des internationalen wirtschaftlichen Wettbewerbes.

Die derzeit hohen Energiepreise zeigen die Vorteile einer größeren Energieeffizienz und führen in einigen Ländern zu Verhaltens- und Technologieänderungen, um den Energieverbrauch zu senken.

Eine ausführliche Zusammenfassung der WEO-Prognosen finden Sie hier.