Im Eiltempo zur Energieunabhängigkeit

Innerhalb weniger Jahre will die EU unabhängig von russischen Energierohstoffen werden und die europäische Energiewende beschleunigen. Mitte Mai hat sie ihre Strategien dafür mit dem REPowerEU-Plan in Brüssel vorgestellt.

REPower EU© Adobe Stock / Rawf8

Bereits bis Ende 2022 könnten die Gasimporte aus Russland um zwei Drittel sinken und die Ölimporte enden. 2027 soll es ganz vorbei sein mit russischen Energielieferungen in die EU. Europa will nicht länger abhängig sein und mit verschiedenen Strategien die Energieversorgung in die eigenen Hände nehmen. Was dafür alles getan werden soll, ist im REPowerEU-Plan nachzulesen, der am 18. Mai in Brüssel vorgestellt wurde.

Mit dem Plan reagiert die EU auf die Turbulenzen und starke Preisanstiege auf den globalen Energiemärkten, die durch Russlands Invasion in der Ukraine verstärkt und zum Teil verursacht worden sind. Sie leistet außerdem einen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise und zur europäischen Versorgungssicherheit. „Der grüne Wandel wird in Europa und bei unseren Partnern für mehr Wirtschaftswachstum und Sicherheit sorgen und die Klimaschutzmaßnahmen stärken“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission.

Breite Zustimmung in der europäischen Bevölkerung

Die Europäerinnen und Europäer hat die EU dabei mehrheitlich auf ihrer Seite. 85 Prozent sind laut Eurobarometer der Ansicht, dass die EU ihre Abhängigkeit von russischem Gas und Erdöl baldmöglichst verringern sollte, um die Ukraine zu unterstützen.

Erreichen will die EU das durch eine Diversifizierung der Energieversorgung, mehr Energieeffizienz und den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien als Ersatz für fossile Brennstoffe - in Privathaushalten, der Industrie und bei der Stromerzeugung.

Um mehr Energieeinsparungen zu erreichen, könnte beispielsweise das EU-Energie-Einsparziel von neun auf 13 Prozent angehoben werden. Damit die Energieversorgung sich künftig auf mehrere Säulen stützen kann, muss sie deutlich diverser werden, heißt es in dem Papier weiter. Gelingen soll das unter anderem durch den Aufbau neuer LNG-Infrastrukturen zur Versorgung mit Flüssiggas und die Nutzung von alternativem Pipelinegas und Biomethan, außerdem durch den Hochlauf des Wasserstoff-Marktes und den Aufbau einer EU-weiteren Wasserstoffinfrastruktur. Um die alternativen Energierohstoffe zu beschaffen, setzt die EU in ihrem Plan auf die Optimierung der Gasinfrastruktur, eine gemeinsame Energiebeschaffungsplattform und den Aufbau langfristiger Energiepartnerschaften.

Mehr Tempo für die Energiewende

Für eine beschleunigte Energiewende soll der Anteil der Erneuerbaren am Endenergieverbrauch der EU bis 2030 von 40 auf 45 Prozent steigen. Um das zu erreichen, sollen auch die Verfahren für den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze schneller und schlanker werden. In ihrem Plan schlägt die Kommission ab 2026 außerdem die gestaffelte Einführung einer Solardachpflicht vor und bis spätestens 2029 ein Verkaufsverbot von Gas- und Ölheizungen.

Erreichen will die EU die Wiederbelebung heimischer Wertschöpfungsketten etwa durch neue „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) in den Bereichen Solar, Windenergie und Wärmepumpen. Gemeint sind hierbei sogenannte „transnationale, wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse“, die mittels staatlicher Förderung einen wichtigen Beitrag zu Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und Wirtschaft leisten. Solche staatlich geförderten IPCEI-Vorhaben gibt es bereits für Wasserstofftechnologien, Batteriezellen und Mikroelektronik.

Zusätzlicher Investitionsbedarf von 210 Milliarden Euro

Den zusätzlichen Investitionsbedarf für REPowerEU beziffert die EU-Kommission auf rund 210 Milliarden Euro bis 2027. Das sei weniger, als die EU heute für russische Energie ausgebe, heißt es dazu in einer Erklärung. Der Großteil des Geldes soll in den Erneuerbaren-Ausbau, den Netzausbau und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz fließen. Finanzieren könnten die Mitgliedsstaaten das etwa durch Umschichtung ungenutzter Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität („Coronafonds“), aus der EU-Agrarpolitik (GAP) und aus den Strukturfonds, schlägt die EU-Kommission vor. Auch steuerliche Maßnahmen sind möglich – zum Beispiel durch Steuerabzüge oder Gutschriften, als Anreiz zum Energiesparen und für die Nutzung erneuerbarer Energien.