Nichts leichter als das

Umweltfreundlicher Strom aus Windkraftanlagen auf See ist wichtig für die Energiewende. Doch der Bau von Windpark-Fundamenten produziert viel CO2. Leichtbautechnologien und digitalisierte Fertigung könnten jetzt viel davon einsparen.

Windräder© iStock.com/Dieter Beselt

Sie gelten als wichtiger Stützpfeiler für das Gelingen der Energiewende und um die immer ambitionierteren nationalen und EU-weiten Klimaziele zu erreichen: Windparks auf See. Mithilfe des auf See besonders stetig wehenden Windes produzieren sie konstant viel grünen Strom. Doch direkt unter der Wasseroberfläche von Offshore-Windparks liegen noch beachtliche Einsparpotentiale für klimaschädliches CO2.

Windkraftanlagen stehen in der See auf bis zu 60 Meter hohen Tragstrukturen, von denen der größte Teil - die auch Gründungen genannten Fundamente - unter der Wasseroberfläche liegen. Für einen einzigen solchen stählernen Pfahl (auch Monopile genannt) werden rund 2.000 Tonnen Stahl benötigt. Und bei dessen Erzeugung wird CO2 freigesetzt.

Leichtbautechnologien für Schwergewichte auf See

Im Forschungsprojekt „SmartWeld“ - Innovatives Design- und Fertigungskonzept zur Steigerung der Leichtbaupotenziale im Stahlbau“ arbeiten verschiedene Projektpartner unter Federführung der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) deshalb daran, schon beim Bau von Windenergieanlagen viele Tonnen CO2 einzusparen. Dafür wollen sie Leichtbautechnologien und eine digitalisierte Fertigung der Gründungen von Offshore-Windenergieanlagen verknüpfen und weiterentwickeln. Neue Tragstrukturen für Windkraftanlagen auf See müssen also her, dazu neue Technologien und Fertigungsmethoden. Wie das geht? Hier entlang für einen Ausflug zum Windpark von morgen:

Werden statt der tonnenschweren Monopiles filigranere, aus mehreren dünnen Stahlrohren in Gitterform bestehende Fundamente (sogenannte Jacket-Gründungen) verwendet, fällt die Menge des benötigten Stahls deutlich geringer aus. Der Haken: bisher sind Jacket-Gründungen deutlich aufwändiger in der Herstellung. Sie werden meist manuell zusammengeschweißt.

Windpark mit 100 Anlagen könnte bis zu 100.000 Tonnen CO2 einsparen

Ziel von „SmartWeld“ ist es deshalb, mit einer durchgängigen Digitalisierung der gesamten Fertigungs- und Prüfkette beim Bau der Gründungen die Verwendung von Leichtbautechniken möglich zu machen. Dafür soll der Schweißprozess der komplexen Nähte an den Gitterfundamenten so angepasst werden, dass er besser automatisiert werden kann. Gelingt das, werden die Nähte dadurch außerdem langlebiger. Die Strukturen könnten zudem dünnwandiger hergestellt werden. Sie würden so weniger Stahl benötigen und damit CO2 einsparen.

Mit einer durchschnittlichen 12-Megawatt-Anlage ließen sich so etwa 20 Prozent an Gewicht und damit 400 Tonnen Stahl einsparen. Das entspricht rund 800 Tonnen CO2. Durch ein optimiertes Design der Schweißnähte und Einsparungen beim energieintensiven Schweißen selbst, könnte der CO2-Anteil in der Fertigung noch weiter reduziert werden. Für einen Windpark mit 100 Anlagen um insgesamt bis zu 100.000 Tonnen.

Damit die neuen Fertigungstechnologien später möglichst schnell in der Industrie genutzt werden können, arbeiten die Forscherinnen und Forscher so praxisnah wie möglich. Die Industriepartner des Forschungsprojekts entwickeln dafür serientaugliche Demonstrationsanlagen (sogenannte Demonstratoren) unter echten Herstellungsbedingungen. So können die Forschungsergebnisse wie eine „Blaupause“ später auch auf andere Bereiche des Stahlbaus übertragen werden, in denen großformatige Bauten wie zum Beispiel Brückenkonstruktionen gefertigt werden.

Technologietransfer-Programm Leichtbau: Schneller von der Forschung in die Praxis

Das auf drei Jahre angelegte Projekt „SmartWeld“ wird vom BMWi im Rahmen des Technologietransfer-Programms Leichtbau (TTP LB) mit rund 2,6 Millionen Euro gefördert. Zu den Projektpartnern gehören neben der koordinierenden Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) auch die Leibniz Universität Hannover (Institut für Stahlbau und Testzentrum Tragstrukturen), das Fraunhofer Institut für Windenergiesysteme (IWES), die Salzgitter Mannesmann Forschung GmbH und das Ingenieurbüro Jörss – Blunck – Ordemann GmbH.

Das Technologietransfer-Programm Leichtbau ist zunächst auf zehn Jahre angelegt und fördert Forschungsprojekte, die den branchen- und materialübergreifenden Technologietransfer in Deutschland stärken. Wichtigstes Ziel des Programms ist es, Forschungsergebnisse in die wirtschaftliche Anwendung zu bringen. Dabei liegt ein Schwerpunkt der geförderten Vorhaben darauf, Leichtbau-Anwendungen zu digitalisieren und zu automatisieren.