Klar zur Wärmewende

Ein im Februar 2021 gestarteter Dialog soll zeigen, wie unsere Wärmeversorgung bis 2050 klimaneutral werden kann und die Wärmewende gelingt.

Zwei Beine lehnen auf einer Heizung© Adobe Stock / Andrey Popov

Mehr als die Hälfte der Energie in Deutschland nutzen wir, um unsere Häuser, Büros und Geschäfte zu heizen und um Wärme für Gewerbe und Industrie bereitzustellen. 45 Prozent des Verbrauchs entfallen dabei auf die privaten Haushalte, 38 Prozent auf die Industrie und 17 Prozent auf Gewerbe, Handel und Dienstleistungen. Für eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis zum Jahr 2050 muss unser Wärmebedarf also erheblich gesenkt und die Wärmeversorgung schrittweise auf erneuerbare Wärme und die sogenannte unvermeidbare Abwärme umgestellt werden. Das ist auch eine wichtige Voraussetzung für eine klimaneutrale Energieversorgung. Deshalb gilt die Wärmwende als ein zentraler Baustein der Energiewende - und als eine Mammutaufgabe, für deren Gelingen es passende politische Rahmenbedingungen braucht.

Umfassender Dialog soll Weg zur Klimaneutralität ausloten

Mit dem im Februar 2021 gestarteten Dialog zum Thema „Klimaneutrale Wärme“ will das BMWi deshalb gemeinsam mit den Beteiligten des Wärmemarktes ausloten, wie der Weg zur Klimaneutralität der Wärmeversorgung in Deutschland aussehen könnte. Grundlage für den Dialog ist ein Beschluss des Klimaschutzprogramms 2030. Erste Zwischenergebnisse sind vor der parlamentarischen Sommerpause 2021 angekündigt.

Am Anfang stehen wie bei fast jedem Dialog mehr Fragen als Antworten: Was kann die Bundesregierung tun, um diesen Prozess zu beschleunigen? Wie können Planungsprozesse für eine klimaneutrale Wärmeversorgung auf kommunaler, Landes- und Bundesebene aussehen? Wie können Verantwortliche aus verschiedenen Sektoren zusammengebracht werden? Nur mit den richtigen Antworten kann die Wärmewende - die Energiewende im Wärmebereich - gelingen.

Wichtige Weichen für die Wärmewende sind bereits gestellt

In den vergangenen fünf Jahren sind für die Wärmewende wichtige Entscheidungen getroffen worden, die das Erreichen der energie- und klimapolitischen Ziele für 2030 möglich machen. Dazu gehören der Kohleausstieg, die Einführung eines CO2-Preises für Wärme und Verkehr, die Einigung auf verbindliche Jahresemissionsmengen bis 2030 für die einzelnen Sektoren, die Nationale Wasserstoffstrategie und verbesserte Fördermöglichkeiten für Energieeffizienz, erneuerbare Wärme und unvermeidbare Abwärme, wie sie beispielsweise in Industrieanlagen entsteht.

Um die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, muss die Wärmewende aber weiter Fahrt aufnehmen. Denn Erzeuger, Abnehmer und Infrastrukturen verändern sich, neue Geschäftsmodelle kommen hinzu und Gebäude könnten zukünftig immer stärker selbst als „Kraftwerk“ genutzt werden. Die Wirtschaft will deshalb jetzt technologische Vorsprünge ausbauen und Zukunftsmärkte erschließen. Sie drängt auf Planungssicherheit, damit national und international in klimaneutrale Produkte, Anlagen und Dienstleistungen investiert werden kann.

Impulspapier zum Dialog: Fast alle Szenarien setzen auf Energieeffizienz

Mit der Wärmewende werden auch die technischen Lösungen vielfältiger. Die Temperaturniveaus können sich je nach Nutzung stark unterscheiden: Gebäude brauchen Niedertemperaturwärme. Die Prozesswärme in der Industrie benötigt dagegen viel sogenannte Hochtemperaturwärme. Gewerbe, Handel und Dienstleistungen arbeiten wiederum meist mit Wärme auf niedrigen und mittleren Temperaturniveaus.

Das Impulspapier zum Dialog „Klimaneutrale Wärme“ nennt die technologischen Optionen, die mit Blick auf die Klimaneutralität derzeit zur Verfügung stehen und beschäftigt sich mit politischen Maßnahmen und Instrumenten, die solche Technologien im Markt verankern können. Verschiedene Szenarien umreißen, wie mithilfe von strombasierten Wärmepumpen, strombasierten Brennstoffen wie grünem Wasserstoff, Solar- und Geothermie-Anlagen, der Nutzung unvermeidbarer Abwärme, mit energieeffizienten Wärmenetzen und eventuell auch Biomasse Klimaneutralität im Wärmesektor erreicht werden kann. Wichtigstes Fazit der unterschiedlichen Skizzen zur passenden Route der Wärmewende: die Wege sind sich in vielen Punkten ähnlich – fast alle setzen auf Energieeffizienz. Nahezu alle Szenarien sehen zukünftig einen umfassenden Einsatz von strombasierten Brennstoffen wie grünem Wasserstoff in der Industrie. Die meisten rechnen außerdem mit einem weiter steigenden Anteil strombasierter Wärmeerzeugung durch Wärmepumpen. Schon heute ist jede zweite Heizung im Neubau eine Wärmepumpe. Mit sogenannten Großwärmepumpen, also Wärmepumpen im großen Stil, beschäftigt sich seit Ende März 2021 auch ein neues Reallabor der Energiewende. Es erforscht und erprobt in der Praxis, wie Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen helfen können, den Wärmesektor zu dekarbonisieren. Dafür werden Großwärmepumpen an Kraftwerksstandorten in Berlin, Stuttgart, Mannheim und Rosenheim installiert und in die dort vorhandenen Fernwärmesysteme eingebunden. Die Anlagen speisen Wärme aus erneuerbaren Energien und Abwärme – zum Beispiel aus Industrie und Gewerbe – in Wärmenetze ein. So können Großwärmepumpen zu einer treibhausgasfreien Wärmeversorgung beitragen.

Wie eine klimaneutrale Wärmeversorgung im Jahr 2050 tatsächlich aussieht, wird auch der Dialog „Klimaneutrale Wärme“ nicht bis ins kleinste Detail klären können. Dennoch ist Abwarten keine Option. Die politischen Rahmenbedingungen und Instrumente sollen deshalb so gestaltet sein, dass sie möglichst viel Freiheit für Innovation und technische Weiterentwicklung lassen. Damit ist Deutschland nicht nur „klar zur Wärmewende“, sondern auch bereit für Kurskorrekturen auf dem Weg dahin.