Was ist eigentlich "Fernwärme"?

Warum Fernwärme gar nicht aus so weiter Ferne kommt und wieso Fernwärmenetze in nicht allzu ferner Zukunft das Herzstück der Wärmeversorgung in dicht besiedelten Gebieten sein könnten? Hier entlang für mehr Information.

Illustration: Erneuerbare Energien, Fabrikgebäude und Wohnhaus unter einer Lupe© BMWi

Darum geht's: In der Wärmeversorgung können durch mehr grüne Fernwärme CO2-Emissionen eingespart werden. Wärmenetze bringen erneuerbare Energien in urbane Regionen.

Wo geht sie hin, die Energie in Deutschland? Und wo kann sie eingespart oder mit erneuerbaren Energien erzeugt werden? Wir können gleich in unseren eigenen vier Wänden anfangen mit der Suche, denn mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs in Deutschland geht auf das Heizen von Häusern und Büros sowie die Wärmeversorgung von Gewerbe und Industrie zurück. Mehr grüne Fernwärme kann hier helfen, Emissionen zu sparen und so das Klima zu schützen. Doch was ist das eigentlich, Fernwärme? Und wie kann es in Zukunft mehr davon geben?

Unter Fernwärme versteht man die Versorgung von Gebäuden über ein Wärmenetz mit Wärmeenergie (thermischer Energie). In einem Kraftwerk, einer Solarthermieanlage, einer Geothermieanlage oder mittels einer Großwärmepumpe wird Wasser erhitzt, das dann über isolierte, meist unterirdisch verlaufende Rohre direkt in die angeschlossenen Gebäude geliefert wird. Mit einer sogenannten Fernwärmeübergabestation wird die Wärme dann in das Wärmeverteilsystem des Gebäudes übertragen und kann somit direkt Heizwärme und Heißwasser liefern. Hat das Wasser seine Temperatur abgegeben, fließt es zurück zur jeweiligen Anlage und der Kreislauf beginnt von vorn. Ein Gebäude, das mit Fernwärme versorgt wird, benötigt also weder eine Heizungsanlage noch einen Schornstein.

Fernwärmenetze sollen auf erneuerbare Energien und Abwärme umgestellt werden

Die Wärmewende, also die Energiewende im Wärmebereich, ist Voraussetzung dafür, dass die Energiewende als Ganzes gelingt. Die Fernwärme ist ein wichtiger Baustein der Wärmewende. Für deren Erfolg müssen die bestehenden Fernwärmenetze dekarbonisiert, also auf niedrigere Temperaturen und auf erneuerbare Energien oder Abwärme umgestellt, werden. Denn derzeit werden unsere Fernwärmenetze meist bei Temperaturen von mehr als 95 Grad Celsius betrieben. Gespeist werden sie meist durch Kraftwerke, die zwar die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) nutzen, aber noch größtenteils fossile Energie verbrennen. Im Jahr 2020 lag der Anteil der fossilen Brennstoffe wie Erdgas, Braun- und Steinkohle noch bei über 70 Prozent. Der Anteil von erneuerbaren Quellen muss also zunehmen. Hier stehen unterschiedliche Technologien, wie zum Beispiel Großwärmepumpen, große Solarthermieanlagen, Geothermieanlagen oder KWK-Anlagen mit Biomasse oder grünem Wasserstoff zur Verfügung. Der Anteil der erneuerbaren Energien in der Fernwärme in Deutschland ist seit 2010 (7,8 Prozent) bereits kontinuierlich gestiegen – um insgesamt rund zehn Prozent. 2020 stammten von den erzeugten 126 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Fernwärme 17,8 Prozent aus erneuerbaren Energien (gut 22 Milliarden Kilowattstunden). Das geht aus ersten Auswertungen der Daten zur Fernwärme in Deutschland 2020 hervor.

In den Städten ist grüne Fernwärme eine Chance für mehr Klimaschutz

Auch die Nutzung von sogenannter unvermeidbarer Abwärme aus Industrieanlagen kann eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der Wärmenetze spielen. Im Übergang zur Klimaneutralität spielt die Erdgas-KWK eine wichtige Rolle. Der Hintergrund: Die Anteile von Kohle-KWK werden schon in diesem Jahrzehnt stark abnehmen und oftmals durch Gas-KWK ersetzt. Spätestens 2050 darf aber auch Erdgas-KWK nicht mehr in Wärmenetze einspeisen.

Aktuell liefert die Fernwärme nur einen kleinen Teil der benötigten Wärme. 2018 wurden etwa 109 Terawattstunden Wärme mit Wärmenetzen gedeckt. Das waren rund acht Prozent des gesamten Gebäude- und Prozesswärmebedarfs. Künftig muss Fernwärme einen viel größeren Teil der Gebäude mit Wärme versorgen. Der Vorteil von Wärmenetzen in der Transformation der Wärmeversorgung: Sie können auf eine große Auswahl erneuerbarer und klimaneutraler Wärmequellen zugreifen, Wärmespeicher besser einbinden als einzelne Gebäude und selbst als Wärmespeicher fungieren. Allerdings kann Fernwärme nicht überall effizient eingesetzt werden. Der Investitionsaufwand für das Wärmenetz ist relativ hoch und auch bei sehr guter Wärmedämmung der Rohre treten über längere Strecken Wärmeverluste auf. Deshalb eignet sich Fernwärme nur für Gebiete mit dichter Bebauung.

„Gerade in dicht besiedelten Regionen wie Städten entstehen durch den Einsatz grüner Fernwärme Chancen für den Klimaschutz, da dort oft der notwendige Platz fehlt, um erneuerbare Wärme direkt vor Ort zu erzeugen“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Für die Umstellung der Fernwärmeerzeugung auf erneuerbare Wärme und Abwärme sowie in den Umbau der Wärmenetze und Hausübergabestationen wollen die Nah- und Fernwärmeversorger in den kommenden Jahren hohe Summen investieren.

Dialog zu klimaneutraler Wärme für passende politische Rahmenbedingungen

Dafür braucht es auch die passenden politischen Rahmenbedingungen. Im Februar 2021 hat das BMWi deshalb einen Dialog zum Thema "Klimaneutrale Wärme" gestartet und will gemeinsam mit den Beteiligten des Wärmemarktes darüber austauschen, wie eine klimaneutrale Wärmeversorgung 2050 und der Weg dahin aussehen können: Was kann die Bundesregierung tun, um diesen Prozess zu beschleunigen? Wie können Planungsprozesse für eine klimaneutrale Wärmeversorgung auf kommunaler, Landes- und Bundesebene aussehen? Wie können Verantwortliche aus verschiedenen Sektoren zusammengebracht werden? Die Broschüre zum "Dialog Klimaneutrale Wärme" finden Sie hier.