Voller Energie für Europa

Sechs Monate hatte Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft inne und konnte mit ambitionierter Energiepolitik Impulse für sauberes Wachstum und Innovation setzen.

Deutschlandfahne und Europafahne vor blauem Himmel© Adobe Stock/Rawf8

Am 1. Juli 2020 hatte die Bundesrepublik für ein halbes Jahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union (EU) übernommen. In dieser Zeit leitete Deutschland die Sitzungen des Rates und seiner vorbereitenden Ausschüsse und Arbeitsgruppen und vertrat den Rat gegenüber anderen Organen der EU sowie gegenüber Drittstaaten und internationalen Organisationen.

Es war kein gewöhnliches halbes Jahr, denn die deutsche EU-Ratspräsidentschaft war in allen Bereichen von den Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie geprägt. Im Mittelpunkt stand deshalb auch die Bewältigung ihrer gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen in ganz Europa unter dem Motto "Gemeinsam. Europa wieder stark machen". Die Schwerpunkte, die sich das BMWi in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Kohäsion, Handel, Digitales und Energie gesetzt hatte, sind in einem Arbeitsprogramm zusammengefasst.

Im Bereich Energie ist der Europäische Rat unter anderem dafür zuständig, gemeinsam mit dem Europäischen Parlament Rechtsvorschriften zu erlassen, zum Beispiel über die Funktionsweise der Energiemärkte zur Gewährleistung einer gesicherten Energieversorgung, zur Förderung von Energieeffizienz sowie zu erneuerbaren Energiequellen.

Die deutsche Ratspräsidentschaft hat viel bewegt

Trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie ist auch im Bereich Energie viel erreicht worden. Unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft konnte der sogenannte "Green Deal" weiter ausreifen und in die Implementierung gehen. Er ist eines der wichtigsten politischen Vorhaben der neuen EU-Kommission, mit denen Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden soll. Die Bundesrepublik hatte sich dafür eingesetzt, den Green Deal auch dafür zu nutzen, um das aus der Krise hervorgehende Europa noch innovativer, wettbewerbsfähiger und nachhaltiger zu gestalten. "Deutschland verfolgt eine zukunftsgerichtete Energiepolitik mit klaren Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Offshore-Projekte und klaren Anreizen für die Entwicklung von Wasserstofftechnologien," hatte Bundesminister Altmaier zu Beginn der Präsidentschaft angekündigt.

Deshalb hatte sich Deutschland für die Verabschiedung von sogenannten Ratsschlussfolgerungen eingesetzt, die die von der EU-Kommission vorgelegte Strategie zu erneuerbaren Energien auf See berücksichtigen. Herzstück der am 11. Dezember 2020 angenommenen Ratsschlussfolgerungen ist ein Rahmenwerk, das die Umsetzung gemeinsamer Projekte fördern soll, insbesondere im Bereich Offshore-Energie. Es enthält gemeinsame Forderungen der EU-Mitgliedstaaten für verbesserte EU-Rahmenbedingungen mit Blick auf grenzüberschreitende Projekte. Dabei geht es vor allem um Leitlinien für eine faire Kosten-Nutzen-Teilung der Mitgliedstaaten, eine verstärkte Koordinierung der Offshore-Raum und -Netzplanung unter Einhaltung nationaler Kompetenzen, die Stärkung von EU-Finanzierungsinstrumenten und angemessene EU-Strommarktregeln.

Ratsschlussfolgerungen für die Entwicklung von Wasserstoffmärkten und deren Rahmenbedingungen

Auch die Entwicklung europäischer und globaler Märkte und Infrastrukturen für Wasserstoff war ein Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Dazu wurden unter deutschem Vorsitz ebenfalls am 11. Dezember 2020 Ratsschlussfolgerungen beschlossen. Sie sind die Grundlage für die Entwicklung entsprechender Märkte, Strukturen und eines geeigneten regulatorischen Rahmens. Damit positioniert sich der Rat zum ersten Mal einheitlich zu diesem Thema.

Die Ratsschlussfolgerungen wurden durch eine hochrangig besetzte Wasserstoff-Konferenz im Oktober vorbereitet, auf der Expertinnen und Experten aus Politik und Wirtschaft ausführlich über das Thema beraten hatten (Mehr dazu lesen Sie hier). Minister Altmaier fasste das Meinungsbild bei einer Pressekonferenz am nächsten Tag zusammen: "Hier waren sich alle einig, dass Wasserstoff, vor allen Dingen grüner Wasserstoff, eine Schlüsselrolle spielen kann, wenn es darum geht, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erhalten und die Klimapolitik in allen Sektoren des täglichen Lebens voran zu bringen".

Die von den Mitgliedstaaten einstimmig angenommenen Ratsschlussfolgerungen zu Offshore und Wasserstoff sollen wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung der europäischen Energiepolitik setzen und gleichzeitig zur Förderung wichtiger Zukunftstechnologien auf dem Weg zur Klimaneutralität beitragen.

EU-Klimaziel 2030 steigt auf 55 Prozent weniger CO2-Ausstoß als noch 1990

Auch während der letzten Videokonferenz der EU-Energieministerinnen und EU-Energieminister unter deutscher Ratspräsidentschaft am 14. Dezember 2020 gab es viel zu diskutieren. Denn ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt der deutschen Präsidentschaft waren die mittel- und langfristigen Energie- und Klimaziele der EU und die Frage, wie diese ehrgeizigen Ziele erreicht werden können. Wenige Tage vor der Videokonferenz im Dezember hatte der Europäische Rat beschlossen, das EU-Klimaziel für das Jahr 2030 anzuheben und bis 2030 mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als noch 1990. Deshalb stand auch die Strategie der Kommission für eine stärkere Integration des Energiesystems auf der Agenda der Energieministerinnen und Energieminister. Die Kommission hat zur Umsetzung der Strategie und zum Erreichen des EU-2030-Klimaziels von 55 Prozent umfassende Vorschläge für den Energiebereich angekündigt.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagte dazu: "Ich begrüße die Entscheidung des Europäischen Rates zur Anhebung des europäischen Klimaziels für das Jahr 2030 auf 55 Prozent. Dieses Zwischenziel ist wichtig auf unserem Weg Europa bis zum Jahr 2050 zu einem klimaneutralen Kontinent zu machen. Wir haben mit klaren langfristigen Zielsetzungen jetzt die einmalige Chance, Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam voranzubringen und zu versöhnen." Das bedeute allerdings auch, so Altmaier weiter, dass die Anstrengungen in allen Sektoren deutlich verstärkt werden müssten. Im Energiebereich soll dafür Energieeffizienz stärker in den Mittelpunkt rücken. Die Nutzung erneuerbaren Stroms in allen Sektoren müsse schneller vorangebracht und die Herstellung und Nutzung erneuerbarer und CO2-armer Energieträger (wie insbesondere Wasserstoff) gefördert werden.

Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zum 55-Prozent-Ziel müssen jetzt in allen Bereichen umgesetzt werden. Dafür haben die EU-Energieministerinnen und EU-Energieminister mit den Ergebnissen ihrer virtuellen Beratung am 14. Dezember 2020 einen Anfang gemacht.

EU-Ratspräsidentschaft: Portugal und Slowenien übernehmen als Nächstes

Der Ratsvorsitz wechselt alle sechs Monate zwischen den 27 Mitgliedstaaten. Nach Deutschland übernehmen nun Portugal im ersten Halbjahr 2021 und anschließend Slowenien im zweiten Halbjahr 2021 die EU-Ratspräsidentschaft. Die drei Länder waren als Trio angetreten, um die Energiepolitik in Europa weiter voranzubringen und durch eine enge Zusammenarbeit für mehr Kontinuität sorgen. Die Schwerpunkte der achtzehnmonatigen Triopräsidentschaft sind im sogenannten "Trioprogramm" festgelegt.