Start frei: Die nächste Phase der Energiewende beginnt

Die Energiewende wird digital – die Einführung von Smart Metern markiert den Start für eine sichere und moderne Energie-Infrastruktur.

Kind mit Rakete.© Gettyimages

Den Stromverbrauch zuhause oder in der Firma immer im Blick haben? Energiefresser wie zum Beispiel einen alten Kühlschrank oder eine ineffiziente Anlage sofort erkennen? Günstige Stromtarife, die auf den individuellen Bedarf zugeschnitten sind, nutzen und so Geld sparen? All das ist künftig möglich: mit Hilfe von Smart-Metern, die ab diesem Jahr sukzessive eingebaut werden – zunächst bei Großverbrauchern von 6.000 kWh bis 100.000 kWh wie Unternehmen. Ende Januar hatte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in einem Verwaltungsakt die "technische Möglichkeit" der Smart Meter formal festgestellt. Bereits im Dezember wurde bekannt gegeben, dass drei Geräte die vorgegebenen Sicherheitsanforderungen erfüllen. Damit waren die beiden rechtlichen Voraussetzungen für den Einbau der Messgeräte gegeben.

Ohne Smart Meter kein Smart Grid und keine digitale Energiewende

Smart Meter sind in erster Linie notwendig, um ein intelligentes Stromnetz zu schaffen. Dieses "Smart Grid" ist in der Lage, Stromerzeugung einerseits und den Verbrauch andererseits automatisch aufeinander abzustimmen. Das ist wichtig, weil wir immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien nutzen – 2019 waren es bereits rund 42 Prozent, bis 2050 sollen es 80 Prozent werden. Allerdings schwankt die Stromproduktion aus Wind- und Sonnenenergie je nach Wetterlage stark, während der Verbrauch zu bestimmten Tageszeiten immer etwa gleich hoch ist – etwa beim Fernsehen am Abend.

Stromerzeugung und -verbrauch müssen sich jedoch immer die Waage halten, damit das Stromnetz zuverlässig funktioniert. Dafür sorgen die Netzbetreiber: Sie greifen in das Stromnetz ein, indem sie Stromerzeugungsanlagen abregeln oder zusätzliche Kraftwerke hochfahren, sodass das Netz immer im Gleichgewicht bleibt. Diese Aufgabe erfüllen sie derzeit noch "von Hand" – und das richtig gut: In Deutschland kam es im Jahr 2018 gerade einmal zu knapp 14 Minuten Stromausfällen je Letztverbraucher. Das ist im internationalen Vergleich ein ausgesprochen niedriger Wert. Wenn der Anteil der erneuerbaren Energien aber wie vorgesehen weiter steigt, wird diese Aufgabe immer schwieriger.

Hier hilft das Smart Grid, indem es Verbraucher, Erzeuger und das Stromnetz selbst miteinader verknüpft. So können Netzbetreiber Verbrauch und Erzeugung automatisiert und in Echtzeit aufeinander abstimmen – und gleichzeitig strenge Datenschutzvorgaben einhalten. Der Einbau von Smart Metern ist dafür der erste wichtige Schritt.

Wer viel Strom verbraucht, ist in der Pflicht

Die Einbaupflicht betrifft zunächst Stromkunden mit einem Jahresverbrauch von 6.000 Kilowattstunden (kWh) bis zu 100.000 kWh – das sind vor allem gewerbliche und industrielle Verbraucher. Bei ihnen wird ein Smart Meter vom grundzuständigen Messstellenbetreiber (i. d. R. ist das der Netzbetreiber) eingebaut. Der Großteil aller Privathaushalte liegt deutlich unter der 6.000-kWh-Grenze. Der Gesetzgeber sieht daher lediglich vor, dass sie bis 2032 mit modernen Messeinrichtungen ausgestattet werden. Selbstverständlich kann aber jeder Haushalt mit seinem Messstellenbetreiber den Einbau eines Smart Meter vereinbaren. Grundsätzlich entscheidet jedoch der Messstellenbetreiber im Rahmen seiner gesetzlichen Verpflichtungen, welches Gerät beim Kunden eingebaut wird. Zudem hat jeder Anschlussnutzer das Recht, sich einen anderen, wettbewerblichen Messstellenbetreiber zu suchen (welchen Nutzen Privathaushalte von einem Smart Meter haben, erfahren Sie hier).

Obergrenzen bei den Kosten, damit es sich für jeden lohnt

Die Kosten für den Einbau von digitalen Stromzählern oder Smart Metern dürfen bestimmte Grenzen nicht überschreiten, sofern Kunden auf gegebenenfalls angebotene kostenpflichtige Zusatzleistungen ihres Messstellenbetreibers verzichten. Das hat die Bundesregierung im Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) ausdrücklich geregelt. Konkret bedeutet das: Für einen digitalen Stromzähler allein werden maximal 20 Euro pro Jahr fällig – ungefähr so viel wie bislang für einen analogen Zähler. Wird bei einem Privathaushalt mit einem typischen Jahresstromverbrauch von beispielsweise 3.500 kWh optional ein Smart Meter eingebaut, dürfen die jährlichen Kosten 40 Euro nicht überschreiten. Für ein Unternehmen mit beispielsweise 15.000 kWh Verbrauch sind die Kosten auf 130 Euro pro Jahr gedeckelt – die Mehrkosten lassen sich jedoch ganz oder anteilig durch die Einsparmöglichkeiten, die Smart Meter bieten, wieder reinholen (wie Unternehmen von Smart Metern profitieren, erfahren Sie hier).

Sicher ist sicher – Deutschland als Vorreiter in Europa

Auch beim Thema Datenschutz und -sicherheit hat die Bundesregierung klare Regeln aufgestellt – strengere als in jedem anderen EU-Land. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat die hohen Sicherheits- und Prüfkriterien in Form von Technischen Richtlinien und Schutzprofilen als Voraussetzung für die Zertifizierung der Smart-Meter-Gateways im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) entwickelt und dabei eng mit Verbraucherschutzverbänden, dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI), der Bundesnetzagentur (BNetzA) sowie der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) zusammengearbeitet. Um zu garantieren, dass die Regeln auch eingehalten werden, werden die Smart-Meter-Gateways – also die Kommunikationseinheit eines Smart Meter – vom BSI geprüft und zertifiziert. Die Sicherheitsstandards, die ein Smart-Meter-Gateway erfüllen muss, sind vergleichbar mit den Sicherheitsanforderungen im modernen Online-Banking.

Das GDEW (Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende) regelt zudem ganz genau, wer wann auf welche Daten zugreifen darf. Dadurch wird beiden Seiten Rechnung getragen: Die persönlichen Daten der Verbraucher sind bestmöglich geschützt und gesichert. Und die Akteure der Energiewirtschaft erhalten genau die Informationen, die sie benötigen, um eine sichere und verlässliche Stromversorgung auch in Zukunft zu gewährleisten.

Ausblick: Energiewende digital in drei Schritten

Ziel des GDEW ist es, mittelfristig eine landesweite digitale Infrastruktur für die Energiewende zu schaffen. Deshalb können Smart Meter viel mehr als Verbrauchsdaten aufzuschlüsseln und Einsparpotenziale aufzuzeigen: Sie ermöglichen zum Beispiel flexible Stromtarife, bei denen der Strom zu bestimmten Zeiten besonders preiswert ist. Und auch der Gas-, Wasser- und Wärmeverbrauch kann in Zukunft über das Smart Meter übermittelt werden, sodass das Ablesen der Zähler zu Hause komplett entfällt.

All das ist aber nur der Anfang – der erste Schritt auf dem Weg zu einer digitalen Energiewende. Die Möglichkeiten von Smart Metern gehen weit darüber hinaus.

Schritt zwei besteht aus dem oben beschriebenen Smart Grid (intelligentes Stromnetz), das mithilfe von Smart Metern automatisch dafür sorgen wird, dass sich Stromerzeugung und -verbrauch auch in Zukunft stets die Waage halten, und zwar – soweit erforderlich – nahezu in Echtzeit. Dadurch werden die Stromnetze besser ausgelastet, unnötiger und teurer Netzausbau vermieden und die Energiewende insgesamt sicherer und effizienter.

Ebenfalls im zweiten Schritt wird es darum gehen, die wachsende Zahl von Ladesäulen für Elektroautos in das Smart Grid zu integrieren – Stichwort: Smart Mobility. Wenn in Zukunft Hunderttausende E-Autobesitzer nach Feierabend gleichzeitig ihren Wagen aufladen wollen, kann diese Belastung nur von einem intelligenten Stromnetz sicher bewältigt werden. In diesem Zusammenhang geht es auch darum, die Batterien von E-Autos als Speicher zu nutzen, wenn besonders viel Strom aus Wind- und Sonnenenergie erzeugt wird. Und umgekehrt den Ladevorgang zu unterbrechen oder zumindest zu drosseln, falls Stromknappheit herrscht. Außerdem ist zu klären, wie Ladestrom an öffentlichen Ladeeinrichtungen zukünftig abgerechnet werden soll – hier fehlt derzeit noch ein einheitlicher technischer Standard.

Im dritten Schritt schließlich sollen die Smart Meter auch neue Smart-Home- und Smart-Service-Anwendungen ermöglichen. Wie genau diese aussehen könnten, wird sich zeigen – hier ist vor allem der Innovationsgeist von Start-ups und etablierten Unternehmen gefragt. Speziell im Bereich Smart Services unterstützt das BMWi bereits 18 Projekte mit fast 100 Partnern aus Industrie und Wissenschaft – im Rahmen des Technologieprogramms "Smart Service Welt II". Ein Projekt aus dem Bereich Energie dreht sich beispielsweise um die Frage, wie direkt vom Nachbarn grüner Strom aus dessen Solaranlage gekauft werden kann – ganz ohne Zwischenhändler.