Der Schrittzähler der Energiewende

2017 stammte jede dritte Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien. 2018 setzte sich der Aufwärtstrend fort und der Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch lag bei fast 38 Prozent. In anderen Bereichen gibt es weiter viel zu tun. Das zeigt der "Zweite Fortschrittsbericht zur Energiewende".

Junge Frau schaut in der Dämmerung auf ihre Smartwatch© fotolia/RioPatuca Images

Der Schrittzähler der Energiewende zeigt es an: Viele Schritte sind auf dem Weg zum Gelingen dieses zentralen energie- und klimapolitischen Gemeinschaftsprojektes bereits gegangen. Die verbliebenen Herausforderungen bis zum Ziel sind erkannt und Wege identifiziert, sie zu bewältigen. Dies dokumentiert das sorgsam erarbeitete Fortschritts-Papier. Der fast 300 Seiten starke Bericht gibt auf Grundlage von Zahlen und Fakten Auskunft zum Stand der Energiewende und einen Ausblick auf die Jahre bis 2030. Er ist Teil eines umfassenden Monitoring-Prozesses, der die Energiewende begleitet. Der Bericht wurde unter Federführung des BMWi erarbeitet und am 6. Juni im Bundeskabinett beschlossen. Eine unabhängige Kommission aus vier renommierten Energieexperten liest stets gegen und bewertet die Ergebnisse des Monitorings aus wissenschaftlicher Sicht.

Die Energiewende macht Fortschritte

Der Bericht zeigt: Die Energiewende kommt voran. Bei den erneuerbaren Energien ist Deutschland voll auf Kurs. Ihr Anteil am Bruttostromverbrauch lag mit 37,8 Prozent bereits 2018 über dem gesteckten Ziel für 2020, bei weiter sinkenden Kosten für den Ausbau von Wind- und Photovoltaik-Anlagen. Die Energiewirtschaft leistet somit einen zentralen Beitrag zur Treibhausgasreduktion. Schätzungen zufolge konnten durch die Nutzung erneuerbarer Energieträger im Strombereich in 2018 rund 140 Millionen Tonnen CO2-äquivalente Treibhausgase eingespart werden. Diese eingesparte Menge ist fast so hoch wie die jährlichen Gesamtemissionen des Verkehrs (162 Millionen Tonnen in 2018). Eine weitere gute Nachricht: Die Stromversorgung bleibt auch mit einem steigenden Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung weiterhin sicher. Die Energienachfrage kann jederzeit gedeckt werden und in Sachen Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität rangiert Deutschland im internationalen Vergleich in der Spitzengruppe.

Die gesamtwirtschaftlichen Ausgaben für Strom sind - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - im Jahr 2017 erneut gesunken. Sie erreichten den niedrigsten Stand seit 2010. Die Strompreise für Haushaltskunden blieben in den Jahren 2017 und 2018 fast konstant - auf einem im europäischen Vergleich hohen Niveau. Bei den Strompreisen für besonders stromintensive Unternehmen liegt Deutschland wegen verschiedener sogenannter "Entlastungsregelungen" nach wie vor im europäischen Mittelfeld. Die Industriekunden, die keine der Entlastungsregelungen für sich in Anspruch nehmen können, mussten 2017 allerdings rund 4,9 Prozent mehr für Strom ausgeben. Auch 2018 seien die Kosten gestiegen, meldet der Bericht.

Energiewende als Innovationstreiber

Das Papier belegt weiter: Die Energiewende sorgt für Investitionen und Innovationen am Wirtschafts- und Industriestandort Deutschland. Deutsche Unternehmen profitieren vom Handel mit neuen, innovativen Energietechnologien. Allein 2017 wurden Anlagen und Komponenten zur Nutzung erneuerbarer Technologien im Wert von mehr als acht Milliarden Euro exportiert. Bundesminister Altmaier sagte mit Blick auf den Fortschrittsbericht: "Geschäftsmodelle werden in Zukunft nur noch dann erfolgreich sein, wenn sie die Energiewende und den Klimaschutz mitdenken. Hierin liegt eine Herausforderung, aber auch eine große Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland."

Bundesregierung erarbeitet Maßnahmen zur weiteren CO2-Reduktion

Auch wenn die Treibhausgasemissionen zuletzt gesunken sind – 2017 leicht um 0,5 Prozent und 2018 deutlich um 4,5 Prozent: Das nationale Ziel von 40 Prozent weniger Treibhausgasemmissionen in 2020 gegenüber 1990 wird wohl verfehlt werden. Die verschiedenen Sektoren entwickeln sich allerdings unterschiedlich. Im Bereich der Energiewirtschaft sinken die CO2-Emissionen kontinuierlich. Allein 2018 konnten in diesem Sektor laut ersten Schätzungen 14 Millionen Tonnen CO2 gegenüber dem Vorjahr eingespart werden. Mit der Umsetzung der konkreten Empfehlungen der Kohlekommission für den Kohleausstieg in Deutschland stehen die Chancen somit gut, dass die Energiewirtschaft die gesteckten Ziele für 2030 erreichen kann. Die Bundesregierung hat nun einen Kabinettausschuss "Klimaschutz" (das sogenannte "Klimakabinett") einberufen, um die rechtlich verbindliche Umsetzung der Klimaschutzziele für das Jahr 2030 sicherzustellen.

Auch der Bereich Energieeffizienz machte zuletzt Fortschritte. So ist der Primärenergieverbrauch im Jahr 2018 Schätzungen zufolge um 4,6 Prozent gesunken. Damit war der Energieverbrauch der Deutschen 2018 so niedrig wie zuletzt 1972. Doch der Handlungsbedarf um nationale und europäische Energieeffizienzziele zu erreichen, bleibt nach wie vor hoch. Die Bundesregierung plant deshalb, eine sektorübergreifende Energieeffizienzstrategie zu verabschieden.

Energiekonzepte für Deutschland und Europa

Mit ihrem Energiekonzept hat die Bundesregierung eine mittel- und langfristige Strategie mit klar definierten und ambitionierten Zielen in den Händen, die durch den 2011 gestarteten Monitoring-Prozess "Energie der Zukunft" und die Kommission aus Energieexperten ständig überprüft werden kann. Auf europäischer Ebene stellt das Legislativpaket "Saubere Energie für alle Europäer" die Weichen für die Energiewende und hat ebenfalls klare Ziele für das Jahr 2030 und darüber hinaus definiert. Ziel des umfassenden Monitorings ist es, bei Bedarf im Laufe des Prozesses nachsteuern zu können. Durch die kontinuierliche Berichterstattung und Veröffentlichung zentraler Daten zur Energiewende soll das komplexe Vorhaben außerdem für alle verständlich und transparent werden. In regelmäßigen Abständen wird statt des jährlichen Monitoringberichts der ausführlichere Fortschrittsbericht zur Energiewende veröffentlicht. Der erste Fortschrittsbericht erschien bereits im Dezember 2014.