Auf gute Nachbarschaft

Deutschland setzt auf Dialog und möchte seine Entscheidung zum Kohleausstieg eng mit den Nachbarstaaten abstimmen. Bei einem Treffen in Berlin diskutierten die "Stromnachbarn" die Empfehlungen der Kohlekommission.

Steckerleiste mit fünf Steckern direkt nebeneinander, einer davon grün, die anderen weiß© Adobe Stock/Elenathewise

Im Grunde lief das Treffen mit den Stromnachbarn ab wie jedes gute Gespräch unter Nachbarn: Über den Gartenzaun lässt sich vieles klären, bevor es Missverständnisse gibt. Und wer in seiner Nachbarschaft respektiert und in wesentliche Entscheidungen einbezogen wird, der macht sich weniger Sorgen um die Zukunft und kann gemeinsame Möglichkeiten besser erkennen.

Deutschland hat große Bedeutung für den europäischen Strommarkt - und es will raus aus der Kohle. Die Stromversorgung muss aber auch zukünftig bezahlbar und sicher bleiben. Dazu haben unsere Nachbarn einige Fragen.

"Wir senden heute ein wichtiges politisches Signal", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei dem Treffen der Stromnachbarn im April. "Deutschland macht beim Kohleausstieg keine Alleingänge und stimmt sich eng mit seinen Nachbarn ab. Wir sind in guter Gesellschaft: Neun unserer elf Stromnachbarn haben ähnliche Pläne für einen Kohleausstieg oder sind bereits ausgestiegen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns intensiv mit unseren Nachbarn über die Auswirkungen abstimmen, um gemeinsam sicherzustellen, dass eine sichere und bezahlbare Stromversorgung auch zukünftig gewährleistet bleibt."

Mit einem Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung und den bereits bestehenden Ausstiegsplänen der anderen EU-Mitgliedstaaten werden insgesamt zwei Drittel der europäischen Kohlekraftwerke den Markt verlassen.

Weniger Engpässe durch gemeinsames "Sicherheitsnetz"

Altmaier sprach mit den Energieministerinnen und Energieministern der Nachbarländer ausführlich über die Empfehlungen der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" zum Kohleausstieg. Besonders aufmerksam verfolgten die Nachbarstaaten die Ausführungen zur Versorgungssicherheit. Minister Altmaier betonte in diesem Zusammenhang die Synergien des europäischen Binnenmarktes. Durch immer weiter vernetzte Märkte und regionale Ausgleichseffekte seien zukünftig bei Engpässen in der Stromversorgung weniger Kapazitäten nötig, als wenn jedes Land allein für sich vorsorgt, um seine "Spitzenlast" abzusichern. Als Spitzenlast wird die Höchstbelastung eines Stromnetzes während der größten Nachfrage innerhalb eines Zeitabschnittes bezeichnet. Je stärker die Märkte miteinander verbunden sind und je größer die verbundenen Regionen, desto deutlicher werde dieser Effekt spürbar sein, sagte er. Der Stromaustausch zwischen Nachbarstaaten auch bei Engpässen sei dann echte Nachbarschaftshilfe.

Der Kreis der "Stromnachbarn" wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, einen längerfristigen und hochrangigen Austausch mit Nachbarstaaten zu ermöglichen und nationale Maßnahmen zu diskutieren. Er umfasst alle Nachbarländer Deutschlands und die per Stromkabel verbundenen Staaten Norwegen und Schweden. Auch die EU-Kommission nimmt regelmäßig an den Treffen teil. Die Konferenz war Auftakt für weitere Gesprächsrunden.