Was ist eigentlich ein "Reallabor"?

Wie müssen Regeln gestaltet werden, damit Innovationen erleichtert werden? Welche Nebenwirkungen gibt es? Am besten ist es, neue Regeln zunächst auszuprobieren – zum Beispiel in einem Reallabor. Informationen darüber finden Sie hier.

Illustration: Erneuerbare Energien, Stromnetz und Verbraucher unter einer Lupe© BMWi

Darum geht’s: In Modellregionen werden für einen bestimmten Zeitraum neue Regelungen ausprobiert, zum Beispiel im Energiebereich. Mit den gewonnenen Erfahrungen lassen sich dann bessere Regelungsansätze und -instrumente für alle entwickeln.

Die Welt dreht sich immer schneller. Neue Technologien und Geschäftsmodelle erobern in sehr kurzen Zeiträumen neue Wirtschafts- und Lebensbereiche. Sie bieten vielfältige Möglichkeiten für Verbraucher und Unternehmen und können das Leben deutlich vereinfachen. Zudem gehen mit neuen Technologien und Geschäftsmodellen auch wichtige Arbeitsplatz- und Wertschöpfungseffekte einher. Umso wichtiger ist ein rechtlicher Rahmen, der solche Innovationen ermöglicht – ohne bestehende hohe regulatorische Standards abzusenken, etwa im Verbraucherrecht.

Für die Wirtschaftspolitik sind Reallabore wichtige Experimentierräume, um solche innovationsfördernden Regelungen zu entwickeln. Hier kann die Politik in einem geografisch abgegrenzten und rechtlich abgesicherten Raum unter realistischen Bedingungen Erfahrungen sammeln und beobachten, wie sich das Zusammenspiel von Innovationen und regulatorischen Instrumenten entwickelt. Hauptziel ist dabei, den Regulierungsrahmen innovationsfreundlich und flexibel zu gestalten, unnötige Bürokratie zu vermeiden und die gesellschaftlichen Konsequenzen von Innovationen im Blick zu behalten. Besonders relevant sind Reallabore, wenn es um digitale Innovationen in wichtigen Wirtschaftsbereichen geht. Zum Beispiel im Energiebereich.

In Reallaboren Regeln für die Energie von morgen finden

Mit dem Förderprogramm "Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende" (SINTEG) hat das BMWi ein sehr umfangreiches Reallabor im Energiebereich geschaffen (mehr zu SINTEG finden Sie hier). Hier werden mögliche neue Regelungen für die Energiewelt von morgen entwickelt. Unter anderem werden digitale Flexibilitätsmärkte erprobt, die helfen, Netzengpässe zu vermeiden. Verbraucher könnten zum Beispiel ihre Stromnachfrage anpassen, etwa durch den Einsatz von Energiespeichern oder durch zeitliche Verschiebung ihres Verbrauchs, und diese Flexibilität vermarkten. Auch Lösungen und Geschäftsmodelle für die Sektorkopplung, also die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien in den Sektoren Wärme und Verkehr (mehr dazu hier), werden darin entwickelt und getestet.

Mit dem "Paketkopter" auf die Winkelmoosalm

Oft initiieren auch Unternehmen Pilotprojekte, für die Ausnahmegenehmigungen benötigt werden. Hier stehen meistens Fragen der technischen Anwendbarkeit einer Innovation im Vordergrund und weniger die Fragen zu möglichen regulatorischen Anpassungen.

Das Unternehmen DHL hat zum Beispiel im Projekt "Paketkopter" den Transport von Waren per Flugdrohnen in geografisch schwer zugängliche Gebiete erprobt. In einer Testphase lieferten Drohnen Pakete zwischen Reit im Winkl und der Winklmoosalm in Bayern aus. Dazu waren Ausnahmegenehmigungen für den Flugverkehr notwendig. In Hamburg hat der Logistikdienstleister Hermes Germany den "Delivery Robot" getestet, die Zustellung von Paketen durch Roboter. In Karlsruhe wurde kürzlich ein Testfeld für autonomes und vernetztes Fahren eröffnet, das Erkenntnisse über die notwendigen Regelungen liefern soll, zum Beispiel im Bereich Normung und Sicherheit.

Reallabore sind ein wichtiges Instrument zur besseren Rechtsetzung

Angesichts der großen Bedeutung für die Wirtschaftspolitik hat das BMWi 2017 eine "Projektgruppe Reallabore" eingerichtet. Diese lässt derzeit ein umfangreiches Gutachten erstellen, das die ökonomischen, administrativen und rechtlichen Anforderungen an Reallabore aufarbeitet und Leitfäden für die Initiierung von Reallaboren durch die Verwaltung entwirft. Das Gutachten soll bis Oktober 2018 abgeschlossen werden (weitere Informationen finden Sie hier).

Zudem hat die Reallabor-Projektgruppe in zahlreichen Expertengesprächen und Workshops mit Wissenschaft, Wirtschaft und verschiedenen Ebenen der Verwaltung ein breites Netzwerk aufgebaut. Dieses Netzwerk hat eine Bedarfsanalyse durchgeführt und aktuelle Forschungsthemen vorgeschlagen.

Schließlich entwickelt die Arbeitsgruppe weitere neue Pilotprojekte, zum Beispiel im Bereich Digitalisierung der Statistik; und sie prüft die Möglichkeit für weitere Pilotprojekte, zum Beispiel in den Bereichen Blockchain oder Sharing Economy.