Auf Augenhöhe miteinander reden

Für Bundeswirtschaftsminister Altmaier ist der rasche Netzausbau eines der wichtigsten Projekte im Energiebereich. Dr. Peter Ahmels, Co-Leiter des Bürgerdialogs Stromnetz, erklärt im Interview, welche Fragen die Bürger zum Thema Netzausbau bewegen.

Dr. Peter Ahmels im Gespräche mit Teilnehmern einer Veranstaltung des Bürgerdialogs Stromnetz.© BMWi/Kruppa

Redaktion: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat 2015 die Initiative "Bürgerdialog Stromnetz" gestartet, um mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen, die direkt von den Planungen für neue Stromleitungen betroffen sind. Viele von ihnen haben Fragen und Sorgen rund um den Netzausbau. Herr Dr. Ahmels, was sehen Sie als einer der Leiter des Bürgerdialogs Stromnetz als dessen wichtigste Aufgabe?
Dr. Peter Ahmels: Wir verstehen uns als Dialogmakler und versuchen, die Voraussetzungen für einen konstruktiven Austausch aller Beteiligten – insbesondere für Bürgerinnen und Bürger – zu schaffen. Wenn eine Stromleitung gebaut werden soll, gibt es viele berechtigte Anliegen und oft auch gegensätzliche Interessen. Um diese in einen sachlichen und respektvollen Austausch miteinander zu bringen, müssen sie zunächst artikuliert und angehört werden. Das klingt für manche Ohren banal, ist es aber nicht.

Worin bestehen dabei die Herausforderungen?
Zum einen ist das Zustandekommen eines Dialogs, der von allen Beteiligten als konstruktiv wahrgenommen wird, überhaupt nicht selbstverständlich. Zum anderen ist das Thema komplex. Damit der Dialog nicht schon an unterschiedlichen Wissensständen scheitert, sondern "auf Augenhöhe" geführt werden kann, versuchen wir möglichst frühzeitig zu informieren, Fragen zu beantworten und relevante Themen und Zusammenhänge verständlich aufzubereiten. Vor allen Dingen wollen wir Bürgerinnen und Bürgern ihre Beteiligungsmöglichkeiten bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren erklären.

In Deutschland können sich Bürgerinnen und Bürger frühzeitig nicht nur bei den Planungen zum Netzausbau beteiligen, sondern auch schon bei der Bedarfsermittlung mitwirken, also bei der Entwicklung von Szenariorahmen und Netzentwicklungsplan. Nutzen die Bürgerinnen und Bürger diese Möglichkeiten denn überhaupt?
Nicht ausreichend. Auch hinter diesen Fachbegriffen verbergen sich für den Laien nicht verständliche Sachverhalte, die erklärt und verstanden werden müssen. Es ist richtig, dass es diese formellen Beteiligungsmöglichkeiten gibt, alleine reichen sie jedoch oft nicht aus. Das Problem ist, dass viele Bürgerinnen und Bürger oftmals erst aktiv werden, wenn sie merken, dass sie konkret – also zum Beispiel durch Baumaßnahmen – betroffen sind. Das ist zu spät, um die grundlegende Gestaltung des Energiesystems zu beeinflussen.

Deshalb versuchen wir, Bürgerinnen und Bürger frühzeitig auf ihre mögliche Betroffenheit aufmerksam zu machen und ihnen ihre formellen, aber auch informellen Beteiligungsmöglichkeiten zu erklären. Also konkret zu sagen: Was ist geplant? Wo gibt es Informationen? Wie kann sich wer daran beteiligen? Was sind die Termine und Fristen? Das ist oft mühsam und kleinteilig, aber anders ist Bürgerbeteiligung bei einem solchen Thema nicht zu haben.

Wie erfahre ich denn, ob eine Trasse durch meinen Ort führen oder in meiner Region geplant wird?
Einen guten Überblick liefert die Karte auf unserer Website. Sie enthält den aktuellen Stand aller gesetzlich bestätigten Vorhaben und erlaubt eine erste Abschätzung, ob eine bestimmte Region betroffen sein könnte. Jedes Vorhaben haben wir mit einem Steckbrief versehen, von dem wir auch zu allen relevanten Akteuren, wie beispielsweise Vorhabenträgern oder Genehmigungsbehörden, verlinken.

Zudem bieten wir vor Ort Bürgersprechstunden und Informationsveranstaltungen an, machen Stopps mit unserem Dialogmobil und besuchen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Darüber hinaus versuchen wir natürlich auch, die Presse in den betroffenen Regionen frühzeitig auf das Thema aufmerksam zu machen und zu informieren.

Und was können Bürgerinnen und Bürger tun, wenn sie erfahren, dass sie betroffen sein könnten und dazu Fragen haben?
Unsere Regionalmanagerinnen und Regionalmanager in den bundesweit zehn Bürgerbüros beantworten gerne alle Fragen – persönlich, an unserem Bürgertelefon oder per E-Mail. Außerdem können Bürgerinnen und Bürger auch unser "Bürgerbüro Online" nutzen.

Um Einfluss auf die Planung und den Trassenverlauf zu nehmen, sind die Antragskonferenzen sicherlich die wichtigsten Termine, die Bürgerinnen und Bürger sich notieren sollten. Wir ermutigen auch dazu, die frühzeitigen Beteiligungsangebote der Übertragungsnetzbetreiber vor Beginn der gesetzlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren wahrzunehmen. Diese Angebote sind zwar informell – also unverbindlich, die Vorhabenträger sind aber für Hinweise zu besonderen örtlichen Gegebenheiten dankbar.

Welche Fragen beschäftigen denn die Bürgerinnen und Bürger am meisten?
Die Themen und Fragen sind vielfältig: von grundsätzlichen Fragen nach dem Zusammenhang von Energiewende und Netzausbau über die Diskussion der Notwendigkeit bestimmter Leitungen und Fragen nach möglichen technischen Alternativen bis hin zur Sorge um die Umwelt, das Landschaftsbild und elektromagnetische Felder. Welche Fragen in den Vordergrund treten, hängt von dem konkreten Vorhaben und seinem jeweiligen Planungstand ab.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Veranstaltungshinweis

Am 24. April 2018 lädt der Bürgerdialog Stromnetz zu einer Diskussionsveranstaltung zum Stromnetzausbau in der Region Weser-Ems. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.