Flexibilität im Strommarkt: Sind Batteriespeicher reif für den Markt?

Zu dieser Frage äußern sich Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen sowie Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Mauch von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft.

PRO: Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer

Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer, RWTH Aachen© Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer / RWTH Aachen

Aus technischer Sicht sind Batteriespeicher optimal dafür geeignet, Flexibilität auf allen Zeitskalen für das Stromsystem zu liefern. Batterien können positive und negative Regelleistung nahezu ohne Zeitverzögerung bereitstellen. Begrenzendes Element ist dabei nur die Leistungselektronik. Batteriespeicher können die Aufgaben rotierender Massen aus konventionellen Kraftwerken übernehmen. Damit wird grundsätzlich das Abschalten konventioneller Kraftwerke, wenn Wind- und Photovoltaikanlagen ausreichend Leistung für die Versorgung der Lasten bereitstellen, möglich. Batterietechnologie, Leistungselektronik und auch Kommunikationssysteme stehen für eine systemdienliche Einbindung der Batteriespeicher bereit.

Die wesentliche Frage ist also, ob Batteriespeicher für Flexibilität im Vergleich mit den zahlreichen Alternativen wirtschaftlich bestehen können. Die Frage ist nicht einfach und pauschal zu beantworten. Massive Kostensenkungen bei Lithium-Ionen-Batterien durch technologischen Fortschritt und dem Ausbau der Produktionskapazitäten für die Elektromobilität eröffnen bis vor kurzem noch nicht erwartete Märkte. Automobilhersteller bedienen zunehmend auch den stationären Markt. Dadurch können heute zum Beispiel Batteriespeicher im Megawatt-Bereich errichtet werden, die bei den aktuellen Preisen für Primärregelleistung (PRL) wirtschaftlich betrieben werden. Problematisch wird die Wirtschaftlichkeit, wenn die Preise für PRL zum Beispiel durch Überangebot sinken oder noch günstigere Batterieanlagen gebaut werden. Keine Wirtschaftlichkeit wird bislang in Anwendungen mit mehr als einer Stunde Volllast erreicht. Große Bedeutung für den Strommarkt werden sogenannte „Doppelnutzensysteme“ haben, bei denen ein Primärnutzen die Investition rechtfertigt und die dann zusätzlich Dienstleistungen für den Strommarkt anbieten. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sollten noch bestehende Regulierungshemmnisse abgebaut werden, um dieses Potenzial optimal zu nutzen.

Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer ist Professor für „Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik“ am Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) und E.ON Energieforschungszentrum (E.ON ERC) der RWTH Aachen.

CONTRA: Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Mauch

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Mauch, Geschäftsführer der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V.© Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Mauch, Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V.

Pauschal kann diese Frage sicherlich nicht mit ja beantwortet werden. Können Dienstleistungen besser und günstiger erbracht werden als bisher, dann ist eine Technologie, also auch Batteriespeicher, reif für den Markt.

Dies mag beispielsweise für Besitzer von Solaranlagen gelten, die Batteriespeicher zur Optimierung innerhalb ihres Stromtarifes einsetzen und einen weiteren Mehrwert aufgrund einer gesteigerten Autarkie sehen. Auch für Industriebetriebe mit und ohne Eigenerzeugungsanlagen steigt das Interesse an einem Einsatz von Batteriespeichern aus wirtschaftlichen Gründen. Auf den Großhandelsmärkten sehen wir allerdings aus technischer und wirtschaftlicher Sicht keinen gesteigerten Bedarf an Batteriespeichern. Eine Ausnahme bildet der Primärregelleistungsmarkt, der allerdings nur begrenzt Kapazitäten aufnehmen kann. Man kann sagen, dass die Märkte noch nicht reif sind für Batterien. Die notwendigen Preissignale sind einfach nicht vorhanden.

Langfristig werden Batteriespeicher jedoch eine wichtigere Rolle im Energiesystem einnehmen. Dies ist vor allem mit der Verkehrswende zu begründen. Hierfür werden dringend Batteriespeicher mit hoher Energie- und Leistungsdichte benötigt. Bislang findet die Produktion außerhalb Europas, insbesondere in Asien und den USA statt. Wollen wir die Wertschöpfung auch für die Automobilindustrie nicht verlieren, dann ist es dringend notwendig, entsprechendes Know-how in Deutschland und ganz Europa aufzubauen. Dies gelingt wiederum nur durch den Aufbau von eigenen Batterieproduktionskapazitäten.

Der weltweite Aufbau von Produktionskapazitäten wird die heutigen Stückzahlen in den Schatten stellen. Dies wird zu einem extremen Preisverfall führen, was langfristig auch das Anwendungsspektrum von Batterien im Stromsektor erweitern wird. Das Allheilmittel für die Energiewende im Stromsektor werden Batteriespeicher allerdings auch nicht in Zukunft sein, ein Baustein hingegen schon.

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Mauch ist Geschäftsführer der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V.