Gut vernetzt ist hocheffizient

Selbst die Beton-Fassade ist hier Hightech: In der BMWi-geförderten energieeffizienten Modellfabrik der Zukunft sind die Anlagen, Prozesse und sogar die Fabrikhalle intelligent miteinander verzahnt. 40 Prozent Energieeinsparung sollen so möglich werden.

Energieeffizienz im Maßstab 1:1 untersucht: das Innere der ETA-Fabrik mit einer typischen Produktionsprozesskette.Energieeffizienz im Maßstab 1:1 untersucht: das Innere der ETA-Fabrik mit einer typischen Produktionsprozesskette. © Felipe Fernandes/ TU Darmstadt

Wo und wieviel Energie lässt sich in der Produktion einsparen? Und wie kann die Produktqualität trotzdem ohne Kostensteigerung erhalten bleiben? Auf der Suche nach Antworten untersuchen und optimieren Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen in Darmstadt zum ersten Mal das Gesamtsystem Fabrik – denn nur die einzelne Anlage zu betrachten, wäre zu kurz gedacht.

Von den aufgestellten Maschinen bis hin zur eigens errichteten Gebäudehalle inklusive der modernen Ausrüstung ist im Energieeffizienz-, Technologie- und Anwendungszentrum, kurz: "ETA-Fabrik" – alles darauf ausgerichtet, Energie wechselseitig und optimal zu nutzen. Das Ziel: Primärenergie einsparen. Am Beispiel einer für die metallverarbeitende Industrie typischen Fertigungskette, an deren Ende Steuerscheiben für Hydraulikaxialkolbenpumpen vom Band laufen, werden neue Formen der Energiespeicherung, Energienutzung und der Energiesteuerung erforscht. Integriert wurden Zerspanungs-, Reinigungs- und Wärmebehandlungsprozesse – das Ergebnis ist daher repräsentativ für die gesamte Branche.

Nicht die einzelne Maschine zählt, sondern das Zusammenspiel

Wer heute keine energiesparenden Produkte und Verfahren anbietet, ist auf Dauer kaum mehr konkurrenzfähig und kann sich auch auf dem Markt nicht mehr behaupten: Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit in der Industrie sind immer stärker mit dem Thema Energieeffizienz verknüpft (siehe Titelthema). Da die Optimierungsmöglichkeiten einzelner Maschinen an vielen Stellen ausgereizt sind, wird es in Zukunft vor allem darum gehen, die gesamte Prozesskette und das energetische Zusammenspiel zu betrachten.

Genau das machen die 37 Industriepartner und Forschungsinstitute, die hinter der "ETA-Fabrik" stehen. Das Gesamtsystem Fabrik funktioniert dabei wie ein Kreislauf, alle Aggregate und selbst die Gebäudehülle sind in Energienetzen zusammengeschlossen: So wird die Abwärme des Härteofens über Wärmepumpen in die Wärmeleitungen eingespeist und kann an anderer Stelle zum Beispiel zur Erwärmung des Reinigungsbads genutzt werden. Elektrische Schwungmassenspeicher federn Stromspitzen ab. Über Wärmetauscher, thermische Speicher und Absorptionskältemaschinen wird das Wärmenetz auch durch dünne Röhren in der Betonfassade geführt – so können Halle und Büroräume im Sommer energiesparend gekühlt und im Winter angenehm geheizt werden. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass in der ETA-Fabrik durch das optimale Zusammenwirken bisher unabhängig betrachteter Bereiche bis zu 40 Prozent an Primärenergie eingespart werden können.

Von der Zukunft lernen: Hier forschen Universität und Unternehmen

Als Schulungs- und Lernfabrik ist die Modellfabrik für Energieeffizienz eng in den universitären Forschungs- und Lehrbetrieb auf dem Campus der Technischen Universität Darmstadt eingebunden. Zudem steht sie den beteiligten Unternehmen für eigene Projekte zur Verfügung. Die Projektergebnisse werden durch einen Industriearbeitskreis in die Branche getragen und können so direkt umgesetzt werden.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert die ETA-Fabrik mit rund 8 Millionen Euro – und setzt zugleich einen neuen Akzent im Forschungsfeld Produktionstechnik.