Eiskalt und widerstandslos: Supraleiter besteht Alltagstest

180 Tage lang hat er 10.000 Essener Haushalte mit Elektrizität versorgt – jetzt hat der weltweit längste Supraleiter die erste Phase seines Testbetriebs erfolgreich beendet. Das Hochleistungskabel transportiert fünfmal so viel Strom wie ein herkömmliches Kupferkabel.

Bauarbeiter rollt Supraleiterkabel von der Spule ab© RWE

In Deutschland gibt es immer mehr kleine und mittelgroße Stromerzeuger. Für die Stromnetze bedeutet dieser Anstieg eine gewaltige Herausforderung. Unter anderem deshalb, weil nun eine größere Strommenge zwischen Produzenten und Verbrauchern transportiert werden muss als früher. In Ballungsräumen und in Innenstädten stehen die Netze zudem in Konkurrenz um die immer knapper werdenden verfügbaren Flächen, selbst unter der Erde. Eine mögliche Lösung: sogenannte Supraleiter.

Null Widerstand bei minus 180 Grad Celsius
Supraleiter sind Hochleistungskabel, die bei gleichem Durchmesser fünfmal soviel Strom transportieren können wie herkömmliche Kabel. Doch ihr Aufbau ist kompliziert: Supraleiter werden durch flüssigen Stickstoff auf minus 180 Grad Celsius gekühlt. Bei dieser Temperatur verlieren sie ihren elektrischen Widerstand, so dass sie Strom praktisch verlustfrei selbst über lange Strecken transportieren. Dafür reicht ihnen eine Spannung von 10.000 Volt; bislang waren 100.000 Volt nötig. Somit könnten in Ballungsräumen einzelne Hochspannungsstrecken sowie die turnhallengroßen Umspannwerke komplett entfallen – und die freiwerdenden Flächen für die Stadtentwicklung sinnvoll genutzt werden. Ein weiterer Vorteil: Die "tiefgekühlten" Kabel sind optimal wärmegedämmt und beeinflussen, im Gegensatz zu konventionellen Erdleitungen, die Umwelt nicht.

Das Essener Projekt rund um den Supraleiter heißt "AmpaCity" – von "Ampere", der Einheit der Stromstärke, und dem englischen Wort für Stadt. Mit einer Länge von einem Kilometer ist das nordrhein-westfälische Hochleistungskabel derzeit der längste Supraleiter der Welt. Der Testbetrieb wird noch etwa anderthalb Jahre dauern.

Mutige Innovationen für die Energiwende
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert "AmpaCity" im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms. Staatssekretär Beckmeyer gratulierte den Projektträgern bei der nach der bisherigen Dauer des Testbetriebs benannten Veranstaltung "180 Tage – 4.300 Stunden": "Die Energiewende braucht mutige Innovationen. Nach allen erfolgreichen Vorversuchen im Labor kann erst mit einem Forschungsprojekt dieser Größenordnung demonstriert werden, dass eine Technologie einsatzreif ist. Sie könnte künftig nicht nur bei Stromnetzen Anwendung finden, sondern auch im Industriebereich zur Energieeinsparung dienen. Mit der Förderung wollen wir einen Beitrag dazu leisten, den Innovationsvorsprung der deutschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu halten und weiter auszubauen."

Das Projekt wird von der RWE Deutschland AG, dem Kabelhersteller Nexans sowie dem Karlsruher Institut für Technologie durchgeführt.