Was ist eigentlich Versorgungssicherheit?

"Versorgungssicherheit", das klingt gut und wichtig, so als würde es jeder brauchen - und genauso ist es auch. Was Versorgungssicherheit bedeutet und welche Aspekte bei diesem vielschichtigen Thema eine entscheidende Rolle spielen erfahren Sie hier.

Illustration: Erneuerbare Energien, Stromnetz und Verbraucher unter einer Lupe© BMWi

Darum geht´s: Auch unter den Bedingungen der voranschreitenden Energiewende soll jederzeit eine sichere Stromversorgung gewährleistet bleiben.

Es ist ein besonders facettenreiches und viel diskutiertes Thema der Energiewende: eine stets sichere Stromversorgung, gerade im Hinblick auf den deutschen Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Kernenergie. Doch wie kann eine solche Versorgungssicherheit dauerhaft garantiert werden? Dazu müssen Politiker, Planer und Experten viele verschiedene Punkte berücksichtigen und die Zukunft möglichst genau voraussagen. Die drei zentralen Aspekte zur Versorgungssicherheit erklären wir hier:

Aspekt 1: Versorgungssicherheit in der Stromerzeugung

Versorgungssicherheit in der Stromerzeugung bedeutet, dass immer so viel Strom erzeugt wird, wie die Verbraucher nachfragen. Mit dem Strommarktgesetz 2016 hat die Bundesregierung einen klaren Rahmen für den Strommarkt geschaffen. Das Gesetz regelt, dass sich die Preise für Strom frei und ohne staatliche Einmischung bilden können. Zudem sind Stromlieferanten verpflichtet, über gehandelten Strom tatsächlich auch zu verfügen. Nur so können sie ihre Lieferverpflichtungen gegenüber den Stromverbrauchern auch erfüllen. Hierfür schließen sie unter anderem langfristige Lieferverträge mit Kraftwerksbetreibern ab. Die Preise am Strommarkt haben damit eine wichtige Funktion: Sie zeigen an, wie viel Strom erzeugt und benötigt wird und ob es sich rechnet, zum jeweiligen Zeitpunkt zusätzliche Erzeugung bereitzustellen oder den Verbrauch anzupassen.

Der Strommarkt Deutschland liegt in der Mitte Europas und ist voll in die europäische Stromversorgung integriert. Der grenzüberschreitende Stromhandel führt deshalb zu einer effizienten und kostengünstigen Nutzung des europäischen Kraftwerkparks. Denn Erzeugung und Verbrauch können über große Entfernungen auch über Grenzen hinweg ausgeglichen werden.

Dennoch: Damit Versorgungssicherheit auch bei unwahrscheinlichen und schwer vorhersehbaren Ereignissen gewährleistet sein kann, verfügt Deutschland zusätzlich über eine europaweit einmalige Sicherheitsreserve von insgesamt bald mehr als zehn Gigawatt (GW).

Aspekt 2: Versorgungssicherheit im Stromnetz

Entscheidend für die Versorgungssicherheit ist neben ausreichenden Stromerzeugungskapazitäten vor allem ein leistungsfähiges Stromnetz. Hier liegen aktuell die größten Herausforderungen für die Energiewende. Deutschland hat heute ein sehr zuverlässiges Stromnetz. In internationalen Vergleichen belegt es mit sehr geringen lokalen Ausfallzeiten stets einen der vordersten Plätze. Das soll auch mit der grundlegenden Transformation der Stromversorgung auf erneuerbare Energien so bleiben. Deshalb muss das Stromnetz mit neuen Technologien optimiert und zügig ausgebaut werden. Denn immer mehr Windstrom aus dem Norden Deutschlands muss zu den vielen Verbrauchern im Süden der Bundesrepublik transportiert werden. Mit dem Netzentwicklungsplan werden die dafür notwendigen Netzmaßnahmen mit einem Vorlauf von fünf bis fünfzehn Jahren geplant. Dabei wird stets bedacht, dass bei einem Ausfall einzelner Stromleitungen die Netze auch ohne größere Eingriffe weiter sicher und stabil betrieben werden können.

Zudem durchdenken die Netzbetreiber im Rahmen von Systemanalysen besonders anspruchsvolle Netzsituationen und bereiten sich auf diese vor. Engpässe können sie zum Beispiel beheben, indem sie die Stromerzeugung im Norden drosseln und im Süden - hinter einem temporären Netzengpass – erhöhen. Hierfür darf der Netzbetreiber bei Bedarf auf jede erneuerbare Energieanlage und jedes Kraftwerk zugreifen. Zusätzlich können die Netzbetreiber auch auf Kraftwerke im Rahmen der Sicherheitsreserve zurückgreifen, um die Netzsicherheit zu gewährleisten (sogenannte Netzreservekraftwerke).

Aspekt 3: Versorgung mit Brennstoffen

Ohne genügend Brennstoff aber kann das beste Kraftwerk nicht arbeiten. Deshalb ist die ausreichende Versorgung unserer Kraftwerke mit Brennstoffen der dritte entscheidende Aspekt in Sachen Versorgungssicherheit. Die Brennstoffversorgung wird vor allem durch langfristige Lieferverträge und eine Auswahl an verschiedenen Lieferanten sichergestellt. Denn außer der heimischen Braunkohle nutzen die Kraftwerke in Deutschland vor allem Brennstoffe, die fast ausschließlich aus dem Ausland kommen. Dazu zählen vor allem Steinkohle und Erdgas. Die einfache Rechnung: Je mehr Lieferländer und Transportrouten zur Verfügung stehen, desto besser ist die Versorgung abgesichert und desto mehr Wettbewerb entsteht. Das wirkt wiederum preissenkend. Für Gas können durch den Transport auf dem Seeweg neue Lieferanten und Transportrouten erschlossen werden. Deutschland begrüßt deshalb private Initiativen zum Bau neuer Importpipelines sowie den Bau von Importterminals für mit Schiffen nach Deutschland transportiertes Flüssigerdgas ("Liquefied Natural Gas", kurz LNG).

Aktueller Monitoringbericht bescheinigt weiter Versorgungssicherheit

Doch wie steht es denn nun um die Versorgungssicherheit in Deutschland? Auf Grundlage des Strommarktgesetzes 2016 überwacht das Bundeswirtschaftsministerium kontinuierlich die Sicherheit der Stromversorgung. So können Risiken für die Versorgungssicherheit so früh wie möglich erkannt werden. In regelmäßigen Abständen (mindestens alle zwei Jahre) werden die Ergebnisse in einem "Monitoringbericht zur Versorgungssicherheit im Bereich Elektrizität" zusammengefasst.

Die im Juli veröffentlichte, aktuelle Ausgabe dieses Monitoringberichts bescheinigt der Bundesrepublik eine im internationalen Vergleich weiterhin sehr hohe Versorgungssicherheit. "Der Bericht zeigt, dass die Stromverbraucher in Deutschland auch beim weiteren Umbau unserer Energieversorgung sicher mit Elektrizität versorgt werden können", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier anlässlich der Veröffentlichung.

Grundlage des Monitoringberichts ist unter anderem ein ausführliches Gutachten. Es untersucht, wie sich der Strommarkt und die verfügbaren Kraftwerke in den kommenden Jahren bis 2030 entwickeln werden. Das Gutachten berücksichtigt auch verschiedene Szenarien, die zum Beispiel durch unterschiedliche Wetterbedingungen oder die Auswirkungen ungeplanter Kraftwerksausfälle entstehen können. Es kommt zu dem Ergebnis, dass die Stromverbraucher in Deutschland mit Blick auf Angebot und Nachfrage jederzeit sicher versorgt werden können.

Auch über den aktuellen Bericht hinaus prüft die Bundesregierung fortlaufend alle Aspekte der Versorgungssicherheit, um Risiken für diese früh- und rechtzeitig zu erkennen.