Internationale Energiewende-Konferenz bescheinigt Erneuerbaren großes Potential

So viel Zukunft steckt in den Erneuerbaren: Wind- und Sonnenenergie könnten laut einer neuen Studie den weltweiten Strombedarf 2050 weitestgehend decken.

Zwei Männer, einer in Arbeiterkleidung, der andere im Anzug, stehen auf einem Windrad und geben sich die Hand© Adobe Stock/sidorovstock

Die Chancen und Herausforderungen der globalen Energiewende waren Thema der 5. internationalen Energiewende-Konferenz "Berlin Energy Transition Dialogue" (BETD) am 9. und 10. April in Berlin. Der Dialog um die entscheidende Phase der Energiewende stieß auf großes Interesse und bescherte der Konferenz erneut eine internationale Rekordbeteiligung. Am Ende war man sich einig: Die Energiewende kann nur funktionieren, wenn alle das gleiche Ziel vor Augen haben.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier betonte in seiner Eröffnungsrede die Wichtigkeit einer internationalen Sicht auf die Energiewende. "Eine erfolgreiche Energiewende muss global und ganzheitlich gedacht werden", sagte er vor rund 2.000 Teilnehmern aus 90 Ländern, darunter 50 Regierungsdelegationen von allen Kontinenten. Dazu gehöre auch, so Altmaier weiter, die sozio-ökonomische Komponente stets mitzudenken. Eine intensive internationale Zusammenarbeit sei hierfür unerlässlich.

Außenminister Heiko Maas, der die Konferenz gemeinsam mit Peter Altmaier eröffnete, sieht in der Energiewende nicht nur den Umstieg von fossiler auf erneuerbare Energie: "Sie verschiebt auch politische Grundkonstanten. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien können sich Staaten in die Lage versetzen, ihre eigene Energiesicherheit zu erhöhen und ihre strategischen und außenpolitischen Interessen unabhängiger zu verfolgen", sagte der Außenminister.

Welche geopolitischen Entwicklungen sich aus der Energiewende ergeben, wie sie in allen Sektoren gelingen kann und wie dieser Strukturwandel sozialverträglich gestaltet wird, wurde zwei Tage lang intensiv beleuchtet.

Globale Fragen, richtungsweisende Antworten

Richtungsweisende Antworten auf diese drängenden Fragen gibt die Studie "Global Energy Transformation: A Roadmap to 2050", die im Vorfeld der Konferenz der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Sie zeigt, wie eine klimasichere Zukunft aussehen könnte, und offenbart, welches Potential tatsächlich in den erneuerbaren Energien steckt. "Sie sind die am effektivsten und schnellsten verfügbare Möglichkeit, um den Trend steigender Kohlendioxid-Emissionen umzukehren", sagte der neue Generaldirektor der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA), Francesco La Camera. Demnach könnten Wind- und Sonnenenergie den weltweiten Strombedarf 2050 mit einem Anteil von 86 Prozent weitestgehend decken - wenn die Welt jetzt einen klaren Kurs in Richtung Ökostrom einschlägt.

Studie: Schnelle Energiewende auch wirtschaftlich sinnvoll

Eine schnelle Energiewende sei auch wirtschaftlich sinnvoll, ist die IRENA überzeugt. Sie geht davon aus, dass die Weltwirtschaft bis 2050 rund 160 Billionen Dollar an Gesundheitskosten, Klimaschäden und Energiesubventionen einsparen könnte. Jeder Dollar, der für die Energiewende ausgegeben wird, zahle sich bis zu sieben Mal aus, bezifferte Francesco La Camera die Dimensionen in seiner Rede. Der Umbau des Energiesystems biete die Chance auf mehr Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und Wohlstand. Erneuerbare Energien sorgen weltweit für rund zehn Millionen Arbeitsplätze. In Deutschland arbeiten heute schon fast 350.000 Menschen in diesem Bereich.

Die konsequente Ausrichtung auf Ökostrom sei nötig, um die weltweiten CO2-Emissionen drastisch zu senken und das Wirtschaftswachstum zu steigern, so das Fazit der Studie. Elektrischer Strom aus erneuerbaren Energien müsse zum weltweit wichtigsten Energieträger werden. Der Bedarf dafür soll vor allem durch Erneuerbare gedeckt werden. Eine entscheidende Rolle auf dem Weg dorthin spielen der Ausbau der Elektromobilität (2050 geschätzt eine Milliarde Elektroautos), eine steigende Stromnachfrage aus dem Wärmesektor und die Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Ökostrom ("Power-to-Gas"-Technologie). Die Technologien dafür seien "sicher, verlässlich, günstig und verfügbar", sagte La Camera.

Internationale Energieagentur fordert "konsequentes Handeln"

Mit Blick auf die Energiedaten für 2018 verwies der Direktor der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol, auf die noch große Kluft zwischen politischen Bekundungen und realen Entwicklungen im Energiesektor. Er wandte sich direkt an die politischen Vertreter und mahnte ein entschlosseneres Vorgehen an. 70 Prozent des weltweit gestiegenen Energiebedarfs würden noch durch fossile Brennstoffe gedeckt. In der Folge habe der globale CO2-Ausstoß im vergangenen Jahr weiter zugenommen, erklärte er. "Die Welt im Jahr 2050 hängt von den Energieentscheidungen ab, die wir heute treffen", fasste Francesco La Camera zusammen. Künftig wollen IRENA und IEA gemeinsam dafür sorgen, dass es mit der globalen Energiewende vorangeht. Dazu unterzeichneten sie im Rahmen der Konferenz eine gegenseitige Absichtserklärung zur Zusammenarbeit.

Neue Energiepartnerschaften mit Chile und Jordanien

Minister Altmaier besiegelte zwei neue bilaterale Energiepartnerschaften mit Chile und mit dem Königreich Jordanien. Mit solchen Partnerschaften will die Bundesregierung den Ausbau erneuerbarer Energien und die Verbreitung effizienter Energietechnologien weltweit fördern. Sie sind ein wichtiges Instrument, um sich mit Partnerländern kontinuierlich zu politischen und wirtschaftlichen Themen der Energiewende auszutauschen.

Rund 20 solcher Energiepartnerschaften unterhält Deutschland bereits, unter anderen mit Brasilien, China, Indien, Mexiko, Südafrika und nordafrikanischen Ländern wie Algerien, Marokko und Tunesien. Chile und Jordanien haben durch ihre geografische Lage großes Potential für Strom aus Photovoltaik und andere erneuerbare Energien. Um diese Potentiale zu nutzen, soll in Jordanien vor allem die Modernisierung und Digitalisierung des Energiesektors vorangebracht werden. Mit Chile ist eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz geplant.

SET-Award: Innovative Ideen für Energiewende und Klimaschutz

Ein Herzstück der Konferenz war der Austausch international besonders gelungener Ideen und neuer Lösungen. Fünf Paradebeispiele für innovative und wirkungsvolle Geschäftsmodelle in den Bereichen Energiewende und Klimaschutz liefern die Preisträger des Start Up Energy Transition (SET) Award 2019, der am 9. April im Rahmen des BETD von der Deutschen Energie-Agentur (dena) verliehen wurde. SET ist eine weltweite Initiative, die die Start-ups mit anderen Unternehmen und Investoren vernetzt. Beworben hatten sich 450 Unternehmen aus 80 Ländern, darunter auch die deutsche Enapter GmbH. Das Berliner Unternehmen sicherte sich den Preis in der Kategorie "Emissionsarme Energieproduktion" für seine hocheffizienten Wasserstoffgeneratoren, mit denen durch Elektrolyse eine sichere und flexible Produktion von Wasserstoff möglich ist. Der so produzierte Wasserstoff kann vielseitig genutzt werden, etwa als Energiespeicher, Kraftstoff in Fahrzeugen oder als Brennstoff zum Heizen. Die Technologie ist besonders wertvoll in Regionen, in denen eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist. Ziel ist es, Wasserstoff günstiger als Erdgas zu machen. Weitere Preisträger des SET-Awards kamen aus Australien, Schweden und Uganda.

Die Energiewende-Konferenz fand auf Einladung der Bundesregierung im Auswärtigen Amt statt und wurde gemeinsam mit dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar), der Deutschen Energie-Agentur (dena) und dem Beratungsunternehmen eclareon veranstaltet.