Was ist eigentlich eine "Blockchain"?

Blockchain – eine Technologie, die durch die virtuelle Währung Bitcoin bekannt ist, kommt nun auch im Energiebereich zum Einsatz. Doch was genau ist eine "Datenblockkette"? Und wie kann sie bei der Energiewende helfen? Die Antworten bekommen Sie hier.

Illustration: Erneuerbare Energien, Stromnetz und Verbraucher unter einer Lupe© BMWi

Darum geht’s: Dezentrale Netzwerke nutzen, um Transaktionen im Energiebereich direkt und sicher durchzuführen

Windräder auf den Feldern vor der Stadt, Solaranlagen auf den Dächern überall im Viertel, ein Mini-Kraftwerk im Keller des Nachbarn: Die Energiewende führt zu einer stark dezentralisierten Stromversorgung. Statt einiger großer Kraftwerke werden immer mehr kleinere Anlagen zur Stromerzeugung genutzt. Und der Verbraucher ist nun immer öfter auch Stromproduzent – Stichwort "Prosumer".

Zur neuen dezentralen Energiewelt passt die ebenfalls dezentrale Blockchain-Technologie. Sie ermöglicht es zum Beispiel, den Strom aus dem Mini-Kraftwerk des Nachbarn direkt ins eigene Haus zu leiten, ohne einen Energieversorger zwischenzuschalten.

Alles fing mit Bitcoins an

Ursprünglich wurden Blockchains entwickelt, um mit der virtuellen Währung Bitcoin im Internet sicher bezahlen zu können – und zwar ohne Umwege, also ohne zwischengeschaltete Bank. Eine Transaktion direkt zwischen Käufer und Verkäufer.

Damit eine solche Transaktion sicher über die Bühne geht, wird ein dezentrales „Vertrauensnetzwerk“ benötigt: Die Daten über Zahlungssender, -empfänger und -höhe werden nicht nur auf den beiden Rechnern von Käufer und Verkäufer gespeichert, sondern zusätzlich in einer dezentralen Datenbank. Diese besteht aus einem Netzwerk von beliebig vielen Rechnern anderer Nutzer. Die Daten der Transaktion werden verschlüsselt, sodass niemand außer den beiden Beteiligten die Details einsehen kann. Anschließend wird die Transaktion als Datenblock auf allen Rechnern des Netzwerks gespeichert. Jeder neue Datenblock übernimmt dabei Informationen aus dem vorherigen, an den er angehängt wird. Dadurch entsteht nach und nach eine Kette, in der jeder „Block“ mit allen vorherigen untrennbar verbunden ist. Und in der alle Rechner ständig kontrollieren, ob alle Kettenglieder zusammenpassen. Wer also die Daten einer Transaktion – und damit eines Blockes – verändern wollte, müsste die ganze Kette auf allen Rechnern gleichzeitig manipulieren – ein immenser Aufwand, der die Blockchain-Technologie besonders sicher macht.

Pilotprojekte in den USA …

Blockchains werden derzeit hauptsächlich im Zahlungsverkehr mit Bitcoins eingesetzt. Aber auch im Energiesektor bieten sie zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel um dezentral erzeugte Energie auch direkt dezentral zu verteilen. Erste Pilotprojekte laufen bereits – eines der bekanntesten dürfte das "Brooklyn Microgrid"-Projekt in New York sein. Hier sind im April 2016 erstmals zehn Häuser zu einem dezentralen Stromnetz zusammengeschaltet worden. Fünf von ihnen haben eine Solaranlage auf dem Dach, die anderen fünf nicht. Der Strom, den die Häuser mit Solaranlagen nicht selbst verbrauchen, wird an die fünf anderen Häuser verkauft. Zusammen mit Smart Meter, die den Stromfluss erfassen, und Smart Contracts, mit denen die vertraglichen Vereinbarungen selbstständig ausgeführt werden, sorgt die Blockchain dafür, dass die Transaktionen von Strom und dem dafür zu zahlenden Betrag sicher und auf direktem Wege zwischen den beteiligten Haushalten durchgeführt werden können.

… und in Deutschland

Auch in Deutschland wird die Blockchain im Energiesektor getestet, zum Beispiel von Übertragungsnetzbetreiber TenneT und Batteriespeicherhersteller Sonnen. Dabei sollen bis Mitte des Jahres bis zu 6.000 Photovoltaik-Heimspeicher vernetzt werden, um für mehr Flexibilität im Stromnetz zu sorgen. Produzieren beispielsweise Windkraft- und Solaranlagen mehr Strom, als gerade benötigt wird, kann er im Heimspeicher-Netzwerk zwischengespeichert werden. Wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint, kann der gespeicherte Strom zurück ins Stromnetz und zu den Verbrauchern fließen. Per Blockchain sind die Speicher untereinander vernetzt, sodass sich genau festhalten lässt, welcher Speicher wie viel Strom zusätzlich aufgenommen und wieder abgegeben hat. Das ist vor allem für die Abrechnung wichtig, da die Teilnehmer den zusätzlich aufgenommenen Strom kostenlos verbrauchen dürfen. Anders als beim "Brooklyn Microgrid" steht bei diesem Pilotprojekt allerdings nicht der Austausch von Strom zwischen Prosumern im Vordergrund, sondern die Stabilisierung des Stromnetzes.

Viel Potenzial, viele Herausforderungen

Noch ist nicht abzusehen, ob Blockchain-Anwendungen auch über die Pilotprojekte hinaus geeignet sind, die Energiewende in großem Maßstab zu unterstützen. Die bisherigen Erfahrungen sind zumindest erfolgversprechend. Falls sie sich vom Kleinen aufs Große übertragen lassen, könnten Blockchains Stromangebot und -nachfrage flexibler machen und so dazu beitragen, die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität zu stärken. Als nächster Schritt wäre dann sogar ein vollständig digitaler, sich selbst steuernder Strommarkt denkbar, in dem Energie immer genau dort erzeugt und ins Netz eingespeist wird, wo sie gerade benötigt wird. Allerdings sind neben technischen auch noch viele rechtliche und regulatorische Fragen offen, zum Beispiel welche Regeln zwischen den Prosumern gelten und wer wem welche Leistungen überhaupt in Rechnung stellen darf. Hier müssen in den nächsten Jahren die richtigen Antworten gefunden werden.