Impulse für die globale Energiewende: Die Welt zu Gast in Berlin

Experten aus mehr als 90 Ländern diskutieren beim Berlin Energy Transition Dialogue über die nötigen Investitionen für eine beschleunigte globale Energiewende.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hält eine Rede anlässlich des BETD 2017.© BMWi/Susanne Eriksson

"Wir dürfen keinen Widerspruch zulassen zwischen ökologischem und ökonomischem Erfolg. Beides muss Hand in Hand gehen", sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries gestern zur Eröffnung des Berlin Energy Transition Dialogue (BETD). Weil Energieinvestitionen langlebig wirkten und teuer seien, beschlössen immer mehr Länder langfristige Strategien, um die richtigen Weichen für den erfolgreichen Umbau ihrer Energieversorgungssysteme zu stellen. Zypries warnte: "Falsche Entscheidungen heute kommen uns morgen teuer zu stehen." Der BETD biete die Möglichkeit, sich darüber auszutauschen, wie der Prozess der Transformation kosteneffizient gelingen könne, ohne die Versorgungssicherheit oder Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden. "Richtig umgesetzt, ist die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft DIE große Chance zur Modernisierung unserer Volkswirtschaften", so die Bundeswirtschaftsministerin.

Berlin für mehrere Tage Hauptstadt der globalen Energiewende

Bereits zum dritten Mal macht der BETD Berlin zur Hauptstadt der globalen Energiewende: Bei der diesjährigen Konferenz im Auswärtigen Amt beraten Ministerinnen und Minister sowie andere hochrangige Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, wie sie die Energieversorgungssysteme auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens und die UN-Nachhaltigkeitsziele ausrichten können. Mehr als 1.000 Teilnehmer aus über 90 Nationen sind der Einladung der Bundesregierung gefolgt. Zu den Veranstaltern gehören neben dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) der Bundesverband Erneuerbare Energien, der Bundesverband Solarwirtschaft, das Beratungsunternehmen eclareon sowie die Deutsche Energie-Agentur (dena).

G20-Präsidentschaft: Kongress soll wichtige Impulse liefern

"Die Energiewende ist längst kein nationales Projekt mehr. Sie ist eine globale Aufgabe", sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. Der Klimawandel lasse sich nicht mit Zäunen und Abschottung bekämpfen, sondern nur mit internationaler Zusammenarbeit. "Wir wollen unsere Erfahrungen teilen, aber auch von anderen lernen", so Gabriel weiter. Das entspreche auch dem Geist der deutschen G20-Präsidentschaft. Die Diskussionen beim BETD sollen wichtige Impulse für die Energieagenda der deutschen Regierung im G20-Prozess liefern.

Internationale Studie beschreibt den Weg bis 2050

Vor dem Hintergrund der G20-Präsidentschaft hat das BMWi eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse beim BETD präsentiert wurden. Die Leitfragen: Wie müssen die Energiesysteme im Jahr 2050 aussehen, damit die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden? Welche Investitionen sind dafür nötig und wie lassen sich Fehlinvestitionen in klimaschädliche Energietechnologien vermeiden? Antworten liefern die Internationale Energieagentur (IEA) sowie die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) in ihrer Studie "Perspectives for the Energy Transition: Investment Needs for a Low Carbon Energy System". Die Analyse unterstreicht, dass wir für den Umbau unserer Energieversorgung in langfristigen Investitionszyklen denken müssen, um Fehlinvestitionen in fossile Energiequellen zu vermeiden. Die Kernergebnisse der Studie:

  • Um – wie in Paris vereinbart – die durchschnittliche globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, braucht die Welt eine Energiewende außergewöhnlichen Ausmaßes und von großer Tiefe und hoher Geschwindigkeit. In den nächsten drei Jahren müssen die CO2-Emissionen ihren Höhepunkt erreichen und dann bis 2050 um 70 Prozent im Vergleich zu heute fallen.
  • Dieser Wandel ist technisch und ökonomisch machbar. Dazu müssen Erneuerbare-Energien-Technologien weltweit massiv ausgebaut und die Effizienzsteigerung vorangetrieben werden. "90 Prozent der nötigen CO2-Emissionsminderungen im Energiebereich können durch erneuerbare Energien und Energieeffizienz erreicht werden", sagte IRENA-Generaldirektor Adnan Amin.
  • Die Summe der Investitionen, die derzeit in die Energieversorgung fließen, muss nicht erhöht werden. "Global gesehen kann das Budget gleichbleiben", betonte IEA-Chef Dr. Fatih Birol. Es sei jedoch notwendig, die Gelder noch stärker von fossilen Energien zu sauberen Energien umzuleiten (Wie die Investitionen für fossile und erneuerbare Stromproduktion derzeit verteilt sind, zeigt unsere Infografik).
  • Die Investitionen in Energieeffizienz in den Endverbrauchssektoren Industrie, Verkehr und Gebäude müssen allerdings deutlich erhöht werden. So müssen zum Beispiel 2050 70 Prozent aller neuen Autos Elektroautos sein. Hier sind laut IEA und IRENA einschneidende Reformen und Investitionen in Forschung und Entwicklung nötig.

Energiewende zum Anfassen: Begleitprogramm mit Exkursionen

Der BETD wird von einem umfassenden Rahmenprogramm begleitet. Am Mittwoch und Donnerstag, nach Abschluss des Kongresses, finden genau wie schon am Sonntag Exkursionen statt, die es den Teilnehmern ermöglichen, die Energiewende vor Ort zu erleben: Besuche bei Unternehmen der Erneuerbare-Energien-Branche stehen genauso auf dem Programm wie eine Tour zu Vorreitern der Digitalisierung.

Erstmals Start-ups aus dem Energiebereich prämiert

Start-ups mit Vorbildcharakter spielten gestern die Hauptrolle beim von der dena ausgerichteten "Start Up Energy Transition-Tech Festival", das innovative Start-ups aus der ganzen Welt mit Investoren, Unternehmen und Wirtschaftsvertretern zusammenführt. Bei der feierlichen Abendveranstaltung des BETD im Kino International wurde erstmals der "Energy Transition Start-Up Award" vergeben. Sechs Start-ups aus Frankreich, Deutschland, Indien, Bangladesch und Nigeria wurden ausgezeichnet, weil sie mit ihren innovativen Geschäftsideen für die Energiewende und den weltweiten Klimaschutz überzeugten. Sie setzten sich gegen mehr als 500 Bewerber aus 66 Ländern durch (mehr zu den Gewinnern lesen Sie hier).