Was ist eigentlich die "Energieunion"?

Ein gemeinsamer Strom- und Gasmarkt, der von Portugal bis Finnland reicht, und die Bürger mit bezahlbarer und sauberer Energie versorgt. An dieser Vision arbeitet die Energieunion. Was noch in dem EU-Projekt steckt, lesen Sie hier.

Illustration: Erneuerbare Energien unter einer Lupe© BMWi

Darum geht’s: Energien in Europa bündeln

Weht in Deutschland kein Wind, geht die Strommenge, die Windkraftanlagen ins Netz einspeisen, zurück. Fegen zur selben Zeit in Spanien Stürme übers Land, erzeugen die Südeuropäer plötzlich mehr Strom in ihren Windparks als sie selbst benötigen. Bislang regeln die Spanier in so einem Fall die Erzeugungskapazitäten herunter, und wir erhöhen die Stromproduktion in konventionellen Kraftwerken und damit auch die Treibhausgasemissionen. Das ist so, als würde ein Bauer Eier wegwerfen, weil er keine Abnehmer findet, und sein Nachbar – selbst ohne Hühner – würde zum Supermarkt laufen, um dort Eier zu kaufen. Für beide Nachbarn wäre es besser, wenn sie kooperieren würden.

Verbraucher profitieren von bezahlbarer, sauberer Energie

Die Energieunion ist der politische Rahmen, in dem die Mitgliedstaaten der EU im Energiebereich kooperieren. Den Binnenmarkt für Strom und Gas weiter voranzutreiben, ist eines ihrer Ziele. Wenn Energie ungehindert von einem Land ins andere fließt, lassen sich europaweit die Kosten reduzieren, die derzeit noch für das Herunterregeln von Energieüberschüssen oder das Vorhalten von Reservekraftwerken anfallen. In der Folge profitieren die Verbraucher von geringeren Energiekosten.

Doch hinter der Energieunion steckt noch viel mehr als das Streben nach einem gemeinsamen Markt für Strom und Gas: Energie muss auch in Zukunft für alle Europäer sicher und bezahlbar sein. Das ist wichtig, um unseren Lebensstandard aufrechtzuerhalten, damit Europa nachhaltig wächst und Arbeitsplätze geschaffen werden. Um gleichzeitig unsere gemeinsamen Klimaziele zu erreichen, muss Europa auf erneuerbare und emissionsarme Energien umstellen. Die Energiewende kann aber nur gelingen, wenn sie europäisch gedacht wird und von allen Mitgliedstaaten gemeinsam getragen und gestaltet wird – so wie es für die Nachbarn aus unserem Beispiel besser ist, wenn sie beim Eierhandel kooperieren.

Die fünf Handlungsfelder der Energieunion

Womit befasst sich die Energieunion nun genau? Die Europäische Kommission hat in ihrer Rahmenstrategie für die Energieunion fünf eng miteinander verknüpfte Handlungsfelder definiert:

  • Energieversorgungssicherheit: Die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Gas und Strom soll sichergestellt und die Abhängigkeit der EU von Energieimporten reduziert werden.
  • Energiebinnenmarkt: Energie soll in der EU frei fließen – durch eine entsprechende Infrastruktur und ohne regulatorische Hindernisse. Dafür müssen die Strommärkte fit für die Integration von erneuerbaren Energien gemacht und angeglichen werden.
  • Energieeffizienz: So wie bei der deutschen Energiewende gilt auch auf europäischer Ebene der Grundsatz "Efficiency First" – je weniger Energie wir verbrauchen, desto besser (mehr dazu hier).
  • Dekarbonisierung der Wirtschaft: Der Ausstoß von CO2 (engl. carbon dioxide) soll sinken. Deshalb soll der Energiebedarf in der Industrie, im Verkehrsbereich und allen anderen Sektoren zunehmend durch erneuerbare statt fossile Energien gedeckt werden.
  • Energieforschung: Europa ist Vorreiter und Vorbild für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Energie- und Klimapolitik. Die EU soll auch zur Nummer eins für Energietechnologien und -innovationen im Bereich erneuerbarer Energien, Speichern, Smart Grids und sauberer Mobilität werden. Dafür müssen Forschung und Innovationen gefördert werden und die besten Köpfe in Forschungseinrichtungen und Entwicklungsabteilungen zusammenarbeiten.

Diese fünf Handlungsfelder sind wie ein Dach über die Energiepolitik der EU gespannt. Das aktuell diskutierte Gesetzespaket "Saubere Energie für alle Europäer" zum Beispiel konkretisiert Maßnahmen im Bereich der Dekarbonisierung und der Energieeffizienz sowie des Strombinnenmarkts und soll zur besseren Koordinierung der nationalen Politiken beitragen (mehr dazu lesen Sie hier).

Wo steht die Energieunion?

Im Februar legte die EU-Kommission ihren zweiten Bericht über den Stand der Energieunion vor. Demnach hat die EU gute Fortschritte dabei gemacht, die vereinbarten Energie- und Klimaziele zu verwirklichen. Die für 2020 als Ziel gesetzte Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent ist bereits erreicht. Das gleiche gilt für die Treibhausgasemissionen: 2015 lagen die Emissionen 22 Prozent unter denen des Jahres 1990, bis 2020 sollten mindestens 20 Prozent erreicht sein. Um bis 2030 eine Senkung um 40 Prozent zu schaffen, sind jedoch weitere Anstrengungen nötig. Auch im Bereich der erneuerbaren Energien ist die EU auf einem guten Weg: Den Daten für 2014 zufolge machte der Anteil der Erneuerbaren 16 Prozent des Endenergieverbrauchs aus. Bis 2020 soll er bei 20 Prozent liegen.

Verbesserungsbedarf sieht die Kommission vor allem im Verkehrssektor, bei der Gebäudesanierung, im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien, beim Ausbau der Strominfrastruktur und bei der weiteren Öffnung der Märkte für Gas und Strom.