Ein neues Kapitel der Energiewende

Drei große Schritte weiter: Bundestag und Bundesrat haben das EEG 2017, das Strommarktgesetz und die Digitalisierung der Energiewende beschlossen.

Mit einem umfangreichen Gesetzespaket schlägt Deutschland ein neues Kapitel der Energiewende auf. Es ist ein großer Schritt, um das Energiesystem für das Zeitalter der Erneuerbaren fit zu machen. Dieser Schritt besteht aus drei Teilen. Worum geht es genau?

Nach den Bundestagsbeschlüssen in den letzten zwei Wochen hat am Freitag auch der Bundesrat grünes Licht für drei wegweisende Energiegesetze gegeben:

  • die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2017)
  • das Strommarktgesetz sowie
  • das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel: "Mit den heutigen Beschlüssen des Deutschen Bundestages und des Deutschen Bundesrates vollenden wir, was wir uns zu Beginn der Legislaturperiode vorgenommen haben. Wir haben alle wesentlichen Rahmenbedingungen geschaffen, damit die nächste Phase der Energiewende beginnen kann."

Die drei Gesetze machen den Umbau unserer Energieversorgung planbar, kosteneffizient und nachhaltig erfolgreich. Die Politik hat damit die verschiedenen Elemente der Energiewende stimmig zusammengeführt und für die Zukunft gerüstet. Aus den vielen Puzzleteilen erneuerbare Energien, Strommarkt, Energieeffizienz, Netze und Digitalisierung ist ein konsistenter Gesamtrahmen für die Energiewende geworden. Hier ein Überblick.

EEG 2017: den Erneuerbaren-Ausbau auf wettbewerbliche Ausschreibungen umstellen

Die EEG-Novelle 2017 ist von zentraler Bedeutung, damit Energie für alle sicher und bezahlbar bleibt. Bei ihr dreht sich alles um den kosteneffizienten und planvollen Ausbau der erneuerbaren Energien. Das neue EEG läutet die nächste Phase der Energiewende ein – und die ist ein Paradigmenwechsel: Die Vergütungshöhe des erneuerbaren Stroms wird ab 2017 nicht wie bisher staatlich festgelegt, sondern durch Ausschreibungen am Markt ermittelt. "Das EEG war ein Technologiefördergesetz, das eine Nischentechnologie fördern wollte", erklärte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Paradigmenwechsel vor der Abstimmung im Bundestag. "Jetzt sind die Erneuerbaren die bestimmende Säule des Strommarktes." Der Strommarkt müsse nun fit gemacht werden für die Erneuerbaren und die Erneuerbaren fit für den Markt, so Gabriel weiter. Deshalb sollen sich die erneuerbaren Energien nun dem Wettbewerb stellen.

Mit den Ausschreibungen wird der kosteneffiziente, kontinuierliche und kontrollierte Ausbau gewährleistet. Außerdem wird sichergestellt, dass die Akteursvielfalt – ein Markenzeichen der Energiewende – erhalten bleibt: Bürgerenergiegesellschaften werden erstmals im Gesetz definiert und können unter erleichterten Bedingungen an den Ausschreibungen teilnehmen. Ausgeschrieben wird die Vergütungshöhe für Windenergie an Land und auf See, Photovoltaik und Biomasse. Kleine Anlagen sind von den Ausschreibungen ausgenommen – ihre Betreiber erhalten auch weiterhin feste Fördersätze.

Strom aus Erneuerbaren und Netzausbau stärker verzahnen

Das EEG 2017 sorgt auch dafür, dass der Ausbau der Erneuerbaren noch stärker mit dem Ausbau der Stromnetze Hand in Hand gehen kann. Schließlich soll sauberer Strom nicht nur erzeugt werden, sondern muss auch tatsächlich bei den Verbrauchern ankommen. Die Schere zwischen dem Ausbau der Erneuerbaren und dem Ausbau der Netze ist in den letzten Jahren weiter auseinandergegangen. Das Problem: Kann zum Beispiel Windstrom aus dem Norden nicht zu den Verbraucherzentren im Süden transportiert werden, weil die Leitungen überlastet sind, muss der Stromverbraucher doppelt dafür zahlen: Der Windparkbetreiber erhält eine Entschädigung dafür, dass er seine Anlage abregeln muss, und ein Kraftwerk im Süden wird dafür bezahlt, dass es zum Ausgleich vor Ort mehr Strom produziert.

Hier hilft es kurzfristig nur, den Ausbau der Windkraft zu begrenzen, damit Zeit bleibt, die Netze weiter auszubauen. Das stellte der Minister vor der Abstimmung im Bundestag auch unmissverständlich klar: "Man kann doch nicht ausbauen, ohne dass man zeitgleich die Netze ausgebaut hat. Das geht doch nicht!" Deshalb wird ab 2017 eine Rechtsverordnung Gebiete in Deutschland festlegen, in denen der Ausbau der Windenergie auf 58 Prozent des durchschnittlichen Ausbaus in den letzten drei Jahren begrenzt wird. Natürlich gilt weiterhin: Sowohl der Bund als auch die verantwortlichen Länder müssen den Ausbau der Stromnetze mit aller Kraft zügig vorantreiben.

Strommarkt 2.0: Flexibilität ist das A und O

Auch das Strommarktgesetz ist für den Umbau unserer Energieversorgung von zentraler Bedeutung, damit die Stromversorgung in Deutschland auch weiterhin kostengünstig und verlässlich bleibt – gerade und erst recht, wenn zunehmend Wind- und Sonnenstrom das Marktgeschehen bestimmen.

Heute liefern erneuerbare Energien bereits rund ein Drittel unseres Stroms. Im Jahr 2025 sollen es 45 Prozent sein. Je mehr unsere Stromversorgung aus wetterabhängigen Energiequellen wie Wind und Sonne stammt, umso volatiler ist die Einspeisung in das Stromnetz. Mit dem neuen Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarkts wird der Strommarkt fit gemacht für den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien. Und es werden die Weichen gestellt für einen Wettbewerb von flexibler Erzeugung, flexibler Nachfrage und Speichern. Das ist die größte Strommarkt-Reform seit der Liberalisierung in den 90er Jahren. Der optimierte Strommarkt 2.0 sorgt dafür, dass die Stromversorgung in Deutschland auch bei weiter zunehmenden Mengen an Wind- und Sonnenstrom kostengünstig und verlässlich bleibt.

Flexibilität ist im Energiesystem der Zukunft das A und O. Nicht allein die Nachfrage wird bestimmen, wie groß das Stromangebot sein wird. Umgekehrt wird sich auch die Nachfrage am Angebot ausrichten.

Ein Beispiel: Egal zu welcher Tageszeit heute die Waschmaschine läuft, die Stromkosten dafür sind morgens wie abends gleich hoch. Künftig jedoch wird Strom mal mehr, mal weniger kosten. Je nachdem, wie viel Strom gerade zur Verfügung steht. Das bedeutet: Je mehr Strom im Netz fließt, desto günstiger wird er für Verbraucher. Das könnte zum Beispiel nachts sein. Der Anreiz ist da, die Waschmaschine in diesem Fall nachts laufen zu lassen. Variable Tarife sollen es möglich machen, dass es sich für Endverbraucher finanziell lohnt, ihren Verbrauch anzupassen.

Jederzeit sicher versorgt

Damit die Versorgung jederzeit sicher bleibt, werden auch Stromhändler in die Pflicht genommen. Das Strommarktgesetzt verstärkt ihre Anreize, Strombeschaffung und -verkauf so gut es geht zu synchronisieren. Das ist wichtig für die Netzstabilität. Denn zu jedem Zeitpunkt gilt, dass nur genau so viel Strom aus dem Stromnetz entnommen werden kann, wie eingespeist wird – und umgekehrt.

Außerdem wird der europäische Strommarkt gestärkt. Denn die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie europäisch gedacht wird. Deshalb steht Deutschland in einem ständigen Austausch mit unseren Nachbarländern über die Weiterentwicklung eines gemeinsamen Binnenmarktes für Strom.

Um in Extremsituationen einzuspringen, wird eine neue Kapazitätsreserve geschaffen. Sie ist strikt vom normalen Strommarkt getrennt und stellt ein Sicherheitsnetz für unvorhersehbare Ereignisse dar.

Weniger Braunkohle, mehr Klimaschutz

Das Strommarktgesetz hilft auch, unsere Klimaziele zu erreichen: Es sieht vor, dass 13 Prozent der Braunkohlekapazitäten in eine sogenannte Sicherheitsbereitschaft überführt und anschließend endgültig stillgelegt werden. Das trägt dazu bei, dass wir unsere Klimaziele im Stromsektor bis 2020 erreichen.

Digitalisierung: ab 2017 ins intelligente Netz – sicher und Schritt für Schritt

Gesetz Nummer drei dreht sich um die Digitalisierung der Energiewende: Smart Grid, Smart Meter und Smart Home sind hierbei die Neuerungen, die eine digitale Infrastruktur ermöglichen, um mehr als 1,5 Millionen Stromerzeuger und große Verbraucher erfolgreich miteinander zu verbinden. Im Zentrum steht die Einführung intelligenter Messsysteme.

Einbau zuerst bei den Großen, dann bei den Kleinen

Los geht es 2017. Schritt für Schritt werden die Smart-Metering-Systeme bei Großverbrauchern und -erzeugern installiert. Ab 2020 folgen Privathaushalte mit einem Jahresstromverbrauch über 6.000 kWh. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Privathaushalt verbraucht mit 3.500 kWh pro Jahr deutlich weniger.

Verbraucher profitieren: Intelligente Messsysteme machen den Stromverbrauch sichtbar und helfen, bewusster mit Energie umzugehen. Eine Vor-Ort-Ablesung wird überflüssig. Zudem lassen sich sogenannte steuerbare Verbrauchseinrichtungen, also Nachtspeicherheizungen oder E-Autos, genau dann aufladen, wenn besonders viel Strom verfügbar ist. Und auch variable Stromtarife können künftig möglich sein: Je nach individuellem Tarif ist die Kilowattstunde dann mal teurer, mal preiswerter.

Wie bei herkömmlichen Stromzählern tragen Verbraucher und Anlagenbetreiber die Kosten für Einbau und Betrieb der Geräte grundsätzlich selbst. Vorgeschrieben wird die Einführung aber nur dort, wo sich die Geräte rechnen. Strikte Preisobergrenzen bei den Geräten schützen vor zu hohen Kosten. Sie richten sich danach, wie viel Einsparpotenzial durch die neuen Systeme zu erwarten ist.

Daten werden streng geschützt

Da durch den Einsatz von Smart Metern der Datentransfer steigt, gelten strenge Vorschriften für den Schutz und die Sicherheit der Verbraucherdaten. Damit Hacker keine Chance haben, dürfen in Deutschland nur solche Systeme eingesetzt werden, die diese strengen Anforderungen erfüllen – übrigens die anspruchsvollsten in ganz Europa.

Das EEG 2017 tritt am 1. Januar nächsten Jahres in Kraft, das Strommarktgesetz und das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende bereits im Laufe des Sommers.