EEG 2016: ein Paradigmenwechsel

Boom beim Ökostrom, ja – aber so, dass er bezahlbar bleibt und bei Verbrauchern ankommt: Dafür sorgt das EEG 2016.

In Windeseile legen die erneuerbaren Energien in Deutschland zu. 2010 lag ihr Anteil noch bei 17 Prozent. Heute sind es über 33 Prozent. Im Jahr 2025 sollen es 45 Prozent sein. Der Kurs stimmt: Allein im ersten Quartal 2016 steuerten die Erneuerbaren fünf Prozent mehr zu unserer Energieversorgung bei als im Vorjahr (mehr dazu hier).

Das zeigt: Die Energiewende ist nicht mehr zu stoppen. Jetzt kommt es darauf an, auch das Umfeld der Erneuerbaren – den Strommarkt und die Netzinfrastruktur – für die Energieversorgung von morgen fit zu machen und dabei die Kostenentwicklung im Blick zu behalten. Nur so kann Energie für alle sicher und bezahlbar bleiben.

Der Boom soll ankommen

Der Boom beim Ökostrom muss deswegen klug gesteuert werden. Damit das klappt, hat das Bundeskabinett heute die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen. Worum geht es?

Erstens wird die Höhe der Förderung künftig vom Markt festgelegt und nicht länger staatlich. Das soll die Förderkosten senken. Die Ökoenergien sind nämlich längst fit genug, um sich dem Wettbewerb zu stellen. Die Umstellung auf Ausschreibungen sichert den kontinuierlichen, kontrollierten Ausbau der erneuerbaren Energien zu den geringstmöglichen Kosten.

Zweitens wird der Boom beim Ökostrom so mit dem Netzausbau synchronisiert, dass der saubere Strom bei den Verbrauchern ankommt. Schließlich klappt die Energiewende nur dann, wenn die Stromleitungen im Land die Ökoenergie verlässlich von A nach B bringen können.

Sigmar Gabriel: „Energiewende made in Germany macht weiter große Forschritte“

Dazu sagt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel: „Wir haben heute im Kabinett eine der letzten großen Bausteine der Verabredungen zur Energiewende beschlossen. Die Energiewende made in Germany macht damit weiter große Fortschritte. Man kann rückblickend sagen, dass die Energiewende stattgefunden hat und nicht mehr zu stoppen ist. Jetzt geht es im Kern darum, sie systematisch weiterzuentwickeln." Der Bundesminister weiter: „Wir haben die Energiewende bereits mit dem EEG 2014 verlässlich gemacht und diesen Weg setzen wir jetzt fort. Es kommt eben nicht darauf an, den Erfolg der Energiewende daran zu messen, wie schnell sind bei den Erneuerbaren Prozentsatzsteigerungen zu erreichen, sondern wie schaffen wir es, das Gesamtsystem fit zu machen für das Zeitalter der Erneuerbaren Energien. Wie schaffen wir zum Beispiel eine Synchronisation von Ausbau der Erneuerbaren Energien und Netzausbau? Strommarkt, Infrastruktur, vor allen Dingen auch die Kostenentwicklung muss man im Blick haben, wenn man die Erneuerbaren Energien weiter voranbringen und die Energiewende auch ökonomisch zu einem Erfolg machen will."

Sehen Sie hier das Statement in voller Länge.

Paradigmenwechsel 1: Der Markt bestimmt die Förderhöhe

Der erste Paradigmenwechsel lautet: Erneuerbarer Strom soll nur in der Höhe vergütet werden, die für einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen erforderlich ist. Das bedeutet, dass künftig der Wettbewerb über den Preis für erneuerbaren Strom entscheidet – und nicht länger Bundestag und Bundesrat.

Inzwischen brauchen die Erneuerbaren nämlich längst keinen Welpenschutz mehr, sie sind zu schnellen Jagdhunden herangewachsen. Deswegen sollen sich die effizientesten Anlagen durchsetzen. Welche das sind, zeigen künftig die Preise, die sich am Markt bilden.

Erfahrungen zeigen: Die Ausschreibungen funktionieren

Dass dieses Modell greift, hat eine Testphase im vergangenen Jahr gezeigt. Die neuen Ausschreibungen wurden 2015 bei Photovoltaik (PV)-Freiflächenanlagen erprobt.

Das Ergebnis: Die Preise fallen deutlich, ohne dass dadurch die Wirtschaftlichkeit der erneuerbaren Energien gefährdet wird. Das Preisniveau für die Förderung ist von Runde zu Runde gesunken, was nicht zuletzt für die Stromkunden eine gute Nachricht ist. Während die Vergütung für Strom aus PV-Freiflächenanlagen 2014 durchschnittlich bei 9,17 Cent pro Kilowattstunde (kWh) lag, hat der Wettbewerb diesen Wert Anfang 2016 auf 7,23 Cent pro kWh schrumpfen lassen.

Ein vielversprechender Anfang bei der Sonnenenergie. Künftig sollen die Ausschreibungen auch bei anderen Erneuerbaren zur Regel werden. Im Fokus steht neben Solarenergie die Windkraft, sowohl an Land als auch auf See. Auch bei Biomasse sollen die Förderkosten durch Ausschreibungen sinken. Je nach Technologie sieht die Fördersystematik anders aus. Schließlich müssen Offshore-Windparks anders gefördert werden als Solardächer. Kleine Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung bis 750 Kilowatt und kleine Biomasse-Anlagen bis 150 Kilowatt werden von der Ausschreibung ausgenommen.

Akteursvielfalt wird gesichert

In der Pilotphase haben sich viele verschiedene Akteure an den Ausschreibungen beteiligt. Auch kleine Bieter und Projekte haben Zuschläge erhalten. Auch künftig sollen kleinere Akteure, beispielsweise Bürger-Energiegenossenschaften oder lokal verankerte Projektentwickler, im Rennen um die Förderung faire Chancen bekommen. Bei den Ausschreibungen werden Bürger-Energiegenossenschaften ganz bewusst bessergestellt als große Unternehmen. Zum Beispiel müssen sie für ihre Teilnahme an den Ausschreibungen keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorlegen und sparen sich deshalb hohe Vorlaufkosten.

Übrigens: Auch Bieter aus anderen EU-Staaten sollen in einem bestimmten Umfang bei den Ausschreibungen mitbieten können (mehr dazu hier).

Paradigmenwechsel 2: Ökostrom und Netzausbau besser verzahnen

Der zweite große Paradigmenwechsel: Die Stromnetze sollen mit dem Ökostromausbau Schritt halten können. Denn Strom aus Wind, Sonne und Co. ist nur solange günstig, wie er ohne Netzengpässe zu den Verbraucherzentren transportiert werden kann. Der Netzausbau muss also schneller vorankommen und mit dem Ausbau der Erneuerbaren synchronisiert werden. Klare Ausbauziele für Erneuerbare sollen dabei helfen. So sollen Verbraucher den hinzukommenden sauberen Strom auch nutzen können.

Lange standen dafür zwei Fragen im Fokus: Wie hoch sollte der Zubau von Biomasse, PV und Windenergie an Land und auf See sein, damit der Stromnetzausbau Schritt halten kann? Und: Wie gehen wir damit um, dass im Norden die besten Bedingungen für Windenergie an Land herrschen, dort aber die Stromnetze nicht ausreichend ausgebaut sind?

Die Antworten wurden sorgfältig erarbeitet und die Interessen vieler Akteure der Energiewende berücksichtigt. Als Ergebnis steckt das EEG 2016 für jede Technologie diese konkreten Ausbaupfade ab:

  • Bei PV sollen jährlich 600 Megawatt (MW) ausgeschrieben werden,
  • bei Windenergie an Land jährlich 2,8 GW brutto (2,9 GW ab 2020),
  • bei Biomasse jährlich 150 Megawatt MW brutto (200 MW in den Jahren 2020 bis 2022) und
  • bei Windenergie auf See sollen 2021 bis 2030 jährlich 730 MW ausgeschrieben werden.

Nicht mehr und nicht weniger: Die Ausbauziele stehen

Das große Ziel für Ökostrom in Deutschland insgesamt bleibt: Bis 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien stammen – nicht mehr und nicht weniger. Bis 2035 sollen es zwischen 55 und 60 Prozent sein.

Der Siegeszug der Erneuerbaren und der Energiewende geht voran. Mit dem EEG 2016 soll er auch systematisch und nachhaltig werden. Dabei geht es um Planbarkeit, Steuerung und Gesamtverantwortung. Und darum, die Erneuerbaren fit für den Markt und für die Zukunft zu machen.

Das Gesetz durchläuft nun das Gesetzgebungsverfahren. Es soll zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.