Erneuerbare Energien: Faire Chancen im Wettbewerb

Baake: "Wir brauchen die Bürgerenergiegesellschaften, auch in der nächsten Phase der Energiewende."

Familie vor Windkraftanlage© Fotolia / Jens Ottoson

Mehr Strom aus Wind und Sonne: Mit einem Anteil von 40 bis 45 Prozent bis 2025 und 80 Prozent im Jahr 2050 sollen die erneuerbaren Energien zur tragenden Säule unserer Stromversorgung werden. Dafür ist Deutschland auf dem besten Weg: Im vergangenen Jahr wurde die neue Bestmarke von knapp einem Drittel (32,6%) erreicht; die Technologien sind längst den Kinderschuhen entwachsen und imstande, sich dem Wettbewerb zu stellen.

Deshalb wird die Förderung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2016 umgestellt – spätestens bis zum nächsten Jahr soll das gelingen. Dann entscheiden nicht mehr Bundestag oder Bundesrat über den Preis für Ökostrom, sondern der Wettbewerb um die kostengünstigste Lösung. Wer bietet weniger?, lautet das Prinzip. Je weniger Fördergelder die Anlagenbetreiber einkalkulieren, desto größer ihre Chance, den Zuschlag bei einer wettbewerblichen Auschreibung zu erhalten und am Ende tatsächlich gefördert zu werden.

Finanzielle Hürden für Bürgerenergieprojekte sinken ...

Faire Chancen für alle sind in diesem Wettbewerb grundlegend, wie Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Rainer Baake, betonte: "Zentral für das Erreichen der Ausbauziele für erneuerbare Energien ist der Erhalt der Akteursvielfalt", sagte er bei der "E-World energy & water" vergangene Woche. "Der bisherige Ausbau der erneuerbaren Energien basiert maßgeblich auf dem Engagement einer Vielzahl von Personen, Unternehmen und Verbände. Insbesondere Bürgerenergiegesellschaften haben durch ihre meist lokale Verankerung die Akzeptanz des Ausbaus erneuerbarer Energien gesteigert", so Baake. "Wir brauchen sie auch in der nächsten Phase der Energiewende."

Deshalb sollen es lokal verankerte Bürgerenergiegesellschaften künftig einfacher haben, wenn Fördergelder für Windenergieanlagen an Land ausgeschrieben sind – für sie werden die Hürden für die Teilnahme an der Ausschreibung gesenkt. Bürgerenergieprojekte müssen, anders als die größeren Akteure, künftig keine sogenannte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorlegen, wenn sie am Bieterverfahren teilnehmen. So sieht es das Konzept vor, das Baake in Essen vorstellte.

... und damit das finanzielle Risiko für die Bewerber

Für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung müssen die Windenergieprojekte weit entwickelt sein. In der Regel dauert diese Projektentwicklung drei bis fünf Jahre und verschlingt bereits bis zu zehn Prozent der Gesamtausgaben. Können Bürgerenergiegesellschaften künftig ohne diese Genehmigung mitbieten, bleiben ihnen also aufwändige Vorleistungen, die sie im Vergleich zu größeren Bietern überproportional belasten, erspart. Stattdessen erhalten sie frühzeitig die notwendige Investitionssicherheit, um neue Windprojekte zu entwickeln und zu bauen.

Die wettbewerblich bestimmten Förderpreise sowie der planvolle Ausbau der Windenergie mit festen Etappenzielen werden durch die Sonderregel nicht beeinträchtigt: Denn die Bürgerenergieprojekte werden aus dem Ausschreibungsverfahren nicht ausgenommen. Für sie gelten lediglich vereinfachte Teilnahmevoraussetzungen. Schon seit Anfang 2015 hatte eine Arbeitsgruppe im Rahmen der "Plattform Strommarkt", einem Dialogforum des Bundeswirtschaftsministeriums, intensiv mit den betroffenen Akteuren beraten. Diese Ergebnisse sind nun in die Eckpunkte eingeflossen.

Für wen gilt die Sonderregel?

Die erleichterte Teilnahme am Ausschreibungsverfahren für Windkraft soll für "lokal verankerte" Bürgerenergiegesellschaften gelten. Voraussetzung: Diese bestehen aus mindestens zehn Privatpersonen. Bei diesen Privatpersonen muss auch die Mehrheit der Stimmrechte (51%) liegen, außerdem müssen sie tatsächlich in dem Landkreis gemeldet sein, in dem das Projekt entsteht. Darüber hinaus darf kein Gesellschafter mehr als 10 Prozent der Anteile halten. Für das Projekt gelten weitere Regeln: Die "lokal verankerten Bürgerenergiegesellschaften" dürfen nur einen Windpark pro Jahr mit maximal sechs Windenergieanlagen und einer Gesamtleistung von 18 Megawatt errichten.

Offshore-Windparks: bessere Verzahnung, kosteneffiziente Planung

Die konkreten Vorschläge zur Akteursvielfalt sind Bestandteil eines weiterentwickelten Eckpunktepapiers für die Reform des EEG, das das Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht hat. Es basiert auf den Eckpunkten vom Sommer 2015 und enthält außerdem erstmals Details zum Ausschreibungsdesign für Windenergieanlagen offshore. Denn für die maßgeblichen Technologien – Solarparks, Windenergie an Land und auf See – wird es in Zukunft maßgeschneiderte Fördermodelle geben. Weil die Windparks vor den Küsten aufwändig und langfristig geplant werden müssen, soll das neue Ausschreibungsmodell hier erst für Anlagen gelten, die ab 2025 den Betrieb aufnehmen (mit einer Übergangsphase ab 2021). Die Flächen, auf denen künftig Windparks entstehen, werden vorab festgelegt und auf ihre Eignung überprüft, alle Bieter bekommen die gleichen Informationen zur Hand, zum Beispiel zu den Windverhältnissen.

Solarparks: erfolgreiches Wettbewerbsmodell weiterführen

Bei Solarparks, den sogenannten Photovoltaik-Freiflächenanlagen, wird die wettbewerbliche Förderung bereits seit einem Jahr erprobt. Die erste Runde startete im Februar 2015, aktuell läuft die vierte Ausschreibung. Die Erfahrungen zeigen: Der Bieterwettbewerb funktioniert und war in allen drei bisherigen Runden ausgesprochen rege. Auch das Preisniveau ist stufenweise gesunken – nicht zuletzt für die Stromkunden eine gute Nachricht. Während die Vergütung für Strom aus PV-Freiflächenanlagen 2014 durchschnittlich bei 9,41 Cent pro Kilowattstunde (Ct./kWh) lag, hat der Wettbewerb diesen Wert Ende 2015 auf 8,00 Ct./kWh gedrückt. Die zukünftige Förderung orientiert sich daher sehr eng an diesen Pilotausschreibungen.

Im Unterschied zur Windkraft sind hier keine Sonderregel für die Teilnahme an den Ausschreibungen nötig, da die kleinen Akteure durch die "Bagatellgrenze" von einem Megawatt geschützt sind. Wer Photovoltaikmodule mit weniger Leistung zubaut, bekommt weiterhin eine gesetzlich festgelegte Förderung.