Welpenschutz war gestern

Das EEG 2016 bringt mehr Wettbewerb: Ausschreibungen bestimmen künftig die Förderhöhe für Ökostrom.

Mehrere Menschen sitzen an einem Tisch und planen einen Hausbau.© Fotolia.com/Rawpixel.com

Altes Jahr, neuer Rekord: Im Jahr 2015 haben Wind, Sonne und Co. ein Drittel unseres Stroms in Deutschland geliefert – nie zuvor war der Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch in Deutschland so hoch. 40 bis 45 Prozent sollen es bis 2025 sein. So hat es sich die Bundesregierung vorgenommen. Und das Ziel ist greifbar, das zeigen die Zahlen.

Ökostrom, na klar – aber planvoll ...

Es gilt allerdings auch: Boom ist gut, Planbarkeit ist besser. Schließlich muss der Strom vom Windrad oder Solardach auch überall zur Steckdose gelangen. Das funktioniert nur mit neuen Stromnetzen, und deren Ausbau muss mit dem Zuwachs an Ökostrom-Anlagen Schritt halten. Das eine funktioniert eben nur mit dem anderen, und daher ist für beide die Planbarkeit wichtig. Bei immer mehr erneuerbaren Energien müssen die Netze zudem einiges an Schwankungen abfedern können, um gut zu funktionieren. Denn erneuerbare Energien sind unstet: Je windiger und sonniger, desto mehr Strom fließt durch die Leitungen, je schattiger und windstiller, desto weniger.

... und kostengünstig

Auch die Kosten für den Erneuerbaren-Ausbau müssen überschaubar bleiben. Warum, das haben die vergangenen Jahre gezeigt: Noch im Jahr 2013 drohte beim Ökostrom-Ausbau eine Kostenexplosion. Der Grund: Seit 2000 bekamen Anlagenbetreiber für jede Kilowattstunde (kWh) Sonnen- oder Windstrom eine fixe Fördersumme vom Staat – und diese garantiert für 20 Jahre. Das sollte den jungen Ökostrom-Technologien auf die Beine helfen – nach dem Motto: „Je schneller, desto besser.“ Doch mit immer mehr Windrädern und Sonnendächern im Land drohten die Kosten aus dem Ruder zu laufen.

EEG 2014 hat die Weichen für mehr Markt gestellt

Daher wurde die Ökostromförderung mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2014 neu gedacht: Die Förderung wurde auf die kostengünstigen Energieträger Sonne und Wind konzentriert, für die einzelnen erneuerbaren Energien wurden Ausbaukorridore festgelegt. Zudem wurden die Anbieter zur Direktvermarktung ihres grünen Stroms verpflichtet. Weniger Kosten, mehr Planbarkeit – das ist das Ergebnis der Gesetzesänderung. Mehr noch: Das EEG 2014 legte den Grundstein für ein ganz neues System, nämlich für die wettbewerbliche Ausschreibung der Ökostrom-Förderung. Im Rahmen solcher Ausschreibungen treten die Anlagenbetreiber in einem Wettbewerb um staatliche Förderungen gegeneinander an. Je kostengünstiger sie kalkulieren, also je weniger sie auf Förderungen angewiesen sind, desto höher die Chance, bei der Ausschreibung einen Zuschlag zu erhalten. Kurzum: Wer weniger fordert, wird gefördert. So sorgen Marktkräfte dafür, dass die Förderung von Ökostrom kostengünstig bleibt.

Pilotausschreibungen für PV-Freiflächenanlagen – eine Erfolgsstory

Die neuen Ausschreibungen wurden 2015 bei Photovoltaik (PV)-Freiflächenanlagen erprobt – und die Ergebnisse sprechen für sich: Der Wettbewerb in allen drei Ausschreibungsrunden war außerordentlich rege. Viele verschiedene Akteure haben sich beteiligt und auch kleine Bieter und Projekte haben Zuschläge erhalten. Mehr noch: Ausgerechnet in der letzten Ausschreibungsrunde, wo die Preise am niedrigsten waren, war die Beteiligung von Bürgergenossenschaften und Bürgergemeinschaften nicht nur am höchsten – einige von ihnen haben die Ausschreibungen auch gewonnen. Das ist eine positive Nachricht für kleinere Bürgergenossenschaften, die mit professionellen Betreibern um die Zuschläge konkurrieren.

Auch das Preisniveau für die Förderung ist von Runde zu Runde gesunken, was nicht zuletzt für die Stromkunden eine gute Nachricht ist. Während die Vergütung für Strom aus PV-Freiflächenanlagen 2014 durchschnittlich bei 9,41 Cent pro Kilowattstunde (kWh) lag, hat der Wettbewerb diesen Wert Ende 2015 auf 8 Cent pro kWh schrumpfen lassen.

Ein vielversprechender Anfang. Was bei PV-Freiflächenanlagen erfolgreich getestet wurde, soll nun auch bei anderen Erneuerbaren zur Regel werden.

„Aus den Welpen sind Jagdhunde geworden“

Dazu sagt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel: „Die erneuerbaren Energien werden sich in Zukunft wettbewerblichen Ausschreibungen stellen müssen. Das EEG in seiner alten Struktur war ein gutes Instrument der Technologieförderung.“ Der Bundesminister weiter: „Aber aus den Welpen sind Jagdhunde geworden, und deshalb gibt es keinen Grund mehr für Welpenschutz. Die Technologien müssen an den Markt.“

EEG 2016: ein entscheidender Entwicklungsschritt

Auf den Erfahrungen aus dem Rennen um Ökostrom-Förderungen bei PV-Freiflächenanlagen soll das EEG 2016 aufbauen. Es ist ein entscheidender Entwicklungsschritt für die nächste Phase des Ökostrom-Ausbaus: Das EEG 2016 behandelt erneuerbare Energien als erwachsene Technologien und schafft die Voraussetzungen dafür, die Kosten zu stabilisieren und gleichzeitig die Akzeptanz für die Energiewende zu erhalten.

Die geplante Novelle sieht vor, ab 2017 die Förderung auch von Windkraft und anderen PV-Anlagen auf wettbewerbliche Ausschreibungen umzustellen. Das Grundprinzip lautet: Erneuerbarer Strom soll nur in der Höhe vergütet werden, die für einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen erforderlich ist. „Nicht Bundestag und Bundesrat entscheiden in Zukunft über den Preis für CO2-freien erneuerbaren Strom, sondern der Wettbewerb um die kostengünstigste Lösung“, so Bundesminister Gabriel.

Das soll für mehr als 80 Prozent des Stroms gelten, der in neuen Ökostrom-Anlagen produziert wird. Im Fokus stehen Windkraft an Land und Solarenergie. Doch auch bei Wind auf See, auch „Offshore“ genannt, sollen die Kostensenkungspotenziale durch Ausschreibungen gehoben werden. Je nach Technologie unterscheidet sich die Systematik, denn ein Ausschreibungssystem für Offshore-Windparks muss anders aussehen als für Solardächer. Die Ausschreibungen sollen übrigens bundesweit stattfinden, damit geplante Anlagen in ganz Deutschland in einen fairen Wettbewerb eintreten können.

40 bis 45 Prozent Ökostrom: nicht mehr, nicht weniger

Damit insbesondere die Stromnetze mit dem Ökostromausbau Schritt halten können, soll es beim festgelegten Ausbaukorridor der erneuerbaren Energien bleiben. Bis 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des Bruttostromverbrauchs mit erneuerbaren Energien abgedeckt werden – nicht mehr und nicht weniger, damit der Ausbau planvoll vorangeht.

Die Arbeit am Entwurf des neuen EEG läuft auf Hochtouren. Konkrete Vorschläge dazu und zum Gesetzentwurf zeigen ein Eckpunktepapier und diese Präsentation. Das Gesetzgebungsverfahren soll bis Herbst abgeschlossen sein.