Ein Strommarkt für die Energiewende

Bundeswirtschaftsministerium legt Grünbuch zum Strommarktdesign vor

Windräder und Photovoltaikanlage als Puzzleteil© Steven Puetzer/gettyimages; psdesign1/Fotolia.com

Die Stromversorgung muss auch bei einem wachsenden Anteil von erneuerbaren Energien zuverlässig und kosteneffizient bleiben. Daraus ergeben sich gleich mehrere Fragen, zum Beispiel: Welche Rolle sollen konventionelle Kraftwerke in Zukunft spielen? Wie kann man die schwankende Produktion aus Wind und Sonne abfedern? Und welche Anreize setzt man, damit Verbraucher genau dann Strom nutzen, wenn er günstig ist? Kurzum: Wie machen wir den Strommarkt fit für die Energiewende? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat eine Reihe von Maßnahmen und Lösungsansätzen gebündelt – und stellt sie nun im Grünbuch "Ein Strommarkt für die Energiewende" zur Diskussion.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel: "Das Grünbuch ist ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zu einem langfristig tragfähigen Strommarktdesign. Hiermit präsentieren wir Optionen für eine sichere, kosteneffiziente und umweltverträgliche Energieversorgung. Zugleich ermöglichen wir mit der nun folgenden öffentlichen Konsultation eine breite, transparente und lösungsorientierte Diskussion über die Ausgestaltung des künftigen Strommarktdesigns."

Strommarktdesign – was ist das?

Beim Strommarktdesign geht es darum, wie der Stromgroßhandelsmarkt organisiert und der Kraftwerkspark weiterentwickelt werden muss, um auch in Zukunft eine zuverlässige und kosteneffiziente Stromversorgung zu garantieren. Die Grundsatzfrage lautet: Wie muss ein Strommarkt aussehen, der die Herausforderungen der Energiewende optimal bewältigt?

Warum brauchen wir einen "Strommarkt für die Energiewende"?

Der Wind weht, die Sonne scheint – aber eben nicht immer. Mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien schwankt die Stromproduktion deshalb heute stärker als früher. Bei Windstille oder bedecktem Himmel müssen konventionelle Kraftwerke einspringen und den Energiebedarf decken. Alternativ können flexible Verbraucher ihre Stromnachfrage verschieben und damit Kosten sparen. Ein zukunftsfähiger Strommarkt muss also beweglich auf die schwankende Energieerzeugung reagieren – und das möglichst kosteneffizient. Das wichtigste Merkmal eines "Strommarkts für die Energiewende" lautet deshalb: Flexibilität.

Ein neues Marktdesign und ein neuer Ordnungsrahmen für den Stromsektor sollen helfen, diese Flexibilität herzustellen. Bereits heute gibt es zahlreiche Optionen, die das Stromversorgungssystem beweglich machen: Konventionelle Kraftwerke können ihre Stromproduktion binnen kurzer Zeit anpassen. Industrieverbraucher verlagern ihren Verbrauch auf Zeiten niedriger Strompreise. Gut ausgebaute Stromnetze gleichen die Schwankungen von Nachfrage, Wind und Sonne überregional aus. Speicher wie Pump- oder Batteriespeicher können ebenfalls dazu beitragen, Erzeugung und Verbrauch auszugleichen. Nun gilt es, einen Wettbewerb dieser Optionen zu ermöglichen, um die Gesamtkosten möglichst niedrig zu halten.

Was ist das Grünbuch und was steht drin?

Ein Grünbuch ist ein Diskussionspapier zu einem bestimmten Thema – in diesem Fall zur Neuausrichtung des Strommarkts. Sein Ziel ist es, eine öffentliche Debatte herbeizuführen, Vorschläge zu sammeln und so die Grundlage für einen politischen Entscheidungsprozess zu schaffen.

Das Grünbuch "Ein Strommarkt für die Energiewende" gliedert sich in drei Teile:

  • Teil I erklärt, wie der Strommarkt heute funktioniert und vor welchen Herausforderungen er in den kommenden Jahren steht.
  • Teil II stellt eine Reihe von Maßnahmen vor, die dazu beitragen können, den Einsatz verfügbarer Kapazitäten zu optimieren. Hierzu zählen insbesondere der Netzaubau, die Weiterentwicklung der Regelleistungsmärkte sowie die Verbesserung der Bewirtschaftung der Bilanzkreise – also der virtuellen Energiekonten, die dafür sorgen, dass genau so viel Strom in das Stromnetz eingespeist wird, wie entnommen wird. Die in Teil II erläuterten Maßnahmen sollen in jedem Fall umgesetzt werden. Sie heißen deshalb auch "Sowieso-Maßnahmen".
  • Teil III diskutiert die Frage, ob der Strommarkt zukünftig ausreichend Anreize für Investionen in erforderliche Kapazitäten setzt. Dabei geht es um die Grundsatzentscheidung, die in Fachkreisen unter dem Titel "Strommarkt 2.0 vs. Kapazitätsmarkt" zusammengefasst wird: Vertrauen wir darauf, dass ein optimierter Strommarkt mit einem glaubwürdigen rechlichen Rahmen ausreichend Kapazität vorhält, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten (Option "Strommarkt 2.0")? Oder führen wir zusätzlich einen zweiten Markt ein, in dem konventionelle Kraftwerke eine Art "Bereitschaftsdienst" für wind- und sonnenarme Stunden leisten (Option "Kapazitätsmarkt")? Die Entscheidung will Deutschland mit den anderen europäischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission eng abstimmen. Klar ist in jedem Fall: In der Übergangsphase sollte ein Sicherheitsnetz in Form einer Kapazitätsreserve greifen.


Wie geht’s weiter?

Die Veröffentlichung des Grünbuches ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einem langfristig tragfähigen Strommarktdesign – und eröffnet den Dialog mit Verbänden, Bundesländern und Wissenschaft. Bis zum 1. März 2015 können unter der E-Mail-Adresse gruenbuch-strommarkt@bmwi.bund.de Stellungnahmen zum Grünbuch abgegeben werden; Ende Mai 2015 folgt ein Weißbuch, das konkrete Vorschläge bündelt und den Gesetzgebungsprozess vorbereitet. Parallel zu diesem Prozess wird das Bundeswirtschaftsministerium Gespräche mit Nachbarstaaten und der Europäischen Kommission führen.