Studie: Erdgasversorgung in Europa trotz Ukraine-Krise gesichert

Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) könnte die EU einen möglichen russischen Lieferstopp durch die Ukraine kurzfristig überbrücken. Die Versorgungssicherheit in der EU habe sich zwar erhöht, vor allem in osteuropäischen Ländern bestehe aber weiterer Handlungsbedarf.

Gas Pipeline© industrieblick / fotolia.com


Die europäische Erdgasversorgung ist trotz der politischen Krise zwischen Russland und der Ukraine kurzfristig sicher. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Sollte Russland seine Lieferungen in und durch die Ukraine unterbrechen, könnten die Mitgliedsländer der Europäischen Union dies weitgehend kompensieren. Würde Russland aber einen kompletten Stopp über sämtliche Lieferwege verhängen, wären insbesondere die osteuropäischen EU-Staaten stark betroffen, Westeuropa hingegen wesentlich weniger, so das DIW Berlin in seiner Analyse.

Laut den Berechnungen der Wissenschaftler hat sich die Versorgungssicherheit seit der letzten Erdgaskrise zwischen Russland und der Ukraine im Winter 2009 zwar erhöht, unter anderem weil die EU-Länder Erdgas aus mehr Ländern beziehen und Flüssiggasterminals, Speicher und neue Pipelines gebaut haben. Allerdings sei Europa in Sachen Versorgungssicherheit noch nicht ganz so weit, wie es sein sollte. Um sich mittelfristig noch besser gegen Lieferausfälle zu wappnen, müsse die EU den Kreis ihrer Erdgaslieferanten weiter vergrößern, die bestehende Infrastruktur besser nutzen, für eine steigende Energieeffizienz sorgen und den Ausbau erneuerbarer Energien konsequent vorantreiben, so die Forscher des DIW Berlin.

Deutschland käme laut der Studie im Fall russischer Liefereinschränkungen vergleichsweise glimpflich davon. Zwar deckt die Bundesrepublik etwa 38 Prozent ihres Erdgasverbrauchs mit Importen aus Russland, dennoch würden sich Liefereinschränkungen weitaus weniger stark auswirken als in anderen Ländern. Der Grund: Die Bedeutung der Ukraine als Transitland für Erdgaslieferungen aus Russland hat in den vergangenen Jahren abgenommen, seitdem die Nord-Stream-Pipeline als direkte Verbindung zwischen Russland und Deutschland in Betrieb gegangen ist. Da Deutschland auch an die in Weißrussland startende und über Polen verlaufende Jamal-Pipeline angeschlossen ist, kann es seine Lieferwege diversifizieren. Hinzu kommt: Mit einem Volumen von über 20 Milliarden Kubikmetern gibt es hierzulande große Speicherkapazitäten, die etwa einem Viertel des gesamten Erdgasverbrauchs entsprechen, so das DIW Berlin.

Den Forschern zufolge wird Erdgas auch langfristig eine Rolle im europäischen Energiemix spielen: Der Verbrauch werde bis 2040 sogar noch leicht auf über 600 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigen. Da die Erdgasförderung in den EU-Ländern aber bereits seit mehr als einem Jahrzehnt rückläufig sei und auch künftig weiter sinken werde, steigt die Importquote weiter. Gleichzeitig sinkt jedoch nach Angaben des DIW Berlin der Anteil der Erdgasbezüge aus Russland von heute fast 35 Prozent auf gut 20 Prozent im Jahr 2040.